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Zurück im Peloton

In der Bundesliga ist es zur Zeit so kuschelig wie lange nicht mehr. Platz 7 und 16 sind gerade einmal 5 Punkte voneinander entfernt. Mainz und Bochum spielen zwar gefühlt eine Bombenserie, könnten sich aber nach drei sieglosen Spielen ganz schnell mitten im Abstiegskampf wiederfinden.

Auch der Werksclub aus Wolfsburg versteckt sich im Peloton, nachdem er zu Beginn der Saison unter van Bommel noch einen erfolglosen Ausreißversuch unternommen hat. Wenn du aber fünf Spiele hintereinander verlierst und dein Übungsleiter Kohfeldt heißt, redet sogar in der selbstbezogenen Retortenstadt niemand mehr von Glanz und Gloria.

Kompakt und schnörkellos

Beim VfB fragte man sich zuletzt, ob die Mannschaft verstanden hat, was im Abstiegskampf gefordert ist, um den Anschluss nicht zu verlieren. Etwas überraschend finden die Cannstatter rechtzeitig den richtigen Gang und holen völlig verdient den ersten Bundesliga-Auswärtssieg seit dem 15. Mai in Gladbach.

Foto: vfb.de

Kompromissloses Verteidigen – gerne auch einmal mit einem Schlag auf die spärlich besetzte Tribüne, kompaktes Verschieben im Mittelfeld und vorne einige gezielte Nadelstiche, die Geburtstagskind Mavropanos und Pippo Förster in zwei Tore ummünzen. So tritt eine Mannschaft auf, die dringend Punkte braucht.

Kalles Comeback

Mit bürgerlichem Namen heißt „Kalle“ Pascal Stenzel. Er gehört zu den ruhigen und reflektierten Vertretern im Profifußball. Seine Stärken: Spielintelligenz, Zuverlässigkeit und Polyvalenz. In punkto Speed und Zweikampfstärke reicht es allerdings auf höchstem Niveau nicht ganz, sodass Kalle in dieser Saison erst 67 Minuten auf dem Platz stand.

In der Volkswagen Arena schlägt seine Stunde in der 26. Minute, als Massimo bei einem Zweikampf umknickt und ausgewechselt werden muss. Kalle ist für die Wingback-Rolle nicht gerade prädestiniert, aber trotz einiger Stellungsfehler bringt er seine Passsicherheit ein und trägt dazu bei, dass die Wolfsburger erst in den letzten zehn Minuten nennenswert vor das Stuttgarter Tor kommen. Im Abstiegskampf kann ein solider Stenzel eben wertvoller sein als die Zaubertricks, nach denen wir uns oft sehnen.

Die Akte Marmoush

Jetzt mal ehrlich: Hattet ihr den Afrika-Cup auf der Uhr? Mir wurde erst vor ein paar Tagen beim Hören des PodCannstatt bewusst, dass der VfB die ersten fünf Spiele der Rückrunde voraussichtlich ohne Omar Marmoush bestreiten muss.

Gegen seine Wolfsburger Mannschaftskollegen zeigt der ägyptische Nationalspieler wieder einmal, welche Bedeutung er als Leihspieler für den VfB bereits erlangt hat. Keiner macht so viele Bälle fest, zieht so viele Fouls und sorgt im Angriffsspiel für so viele Überraschungsmomente.

Nicht immer jedoch zum Wohle der eigenen Mannschaft: In der 80. Minute spielt ihm beim Handelfmeter der Größenwahn einen Streich. Unbedingt wollte er es allen zeigen, doch sein lässiger Panenka trifft nur die Latte.

Während die schwäbische Fangemeinde noch über die Verletzungen von Silas, Sankoh und Kalajdzic jammert, könnte der Ausfall des Ägypters besonders schmerzhaft werden. Kein Spieler im Kader hat auch nur ansatzweise seine Qualitäten. Marmoushs Landsleute möchten ihn daher im Januar als Sturmpartner des großen Mo Salah sehen.

Wann beginnt die Zukunft?

Vor den beiden letzten Partien des Jahres atmet man beim VfB erleichtert auf, dass es die Mannschaft geschafft hat, trotz aller Widrigkeiten im Windschatten des Pelotons der zehn Mannschaften zu bleiben, die sich bis Mai um die Plätze 7 bis 15 streiten werden.

Um allerdings mittelfristig die nächsten Schritte zu gehen, müssen Mislintats Rohdiamanten der Mannschaft irgendwann ihren Stempel aufdrücken. Zur Zeit reicht es bei den meisten noch nicht einmal für einen Platz im Spieltagskader.

An der Mercedesstraße trainieren zu viele Spieler, die vielleicht irgendwann einmal groß rauskommen, in der harten Realität des Abstiegskampfs aber fehl am Platz sind. Der Auswärtssieg in Wolfsburg zeigt: Im Hier und Heute holt man eher mit den Qualitäten eines Stenzel, Förster oder Karazor Bundesligapunkte.

Oh Florian!

Der tristeste aller Bundesligastandorte erinnert am frühen Samstagabend nicht nur mit seiner hochnotpeinlichen Halbzeitdisko daran, womit er sich diesen Titel verdient. Auch der obszönste Kaugummikauer seit Toni Schuhmacher redet sich im Interview nach dem Spiel wieder einmal um Kopf und Kragen. Manchem drängt sich der Eindruck auf, dass selbst Dampfplauderer Loddar für die Trainerbank des VfL ein Glücksgriff wäre.

VfL Wolfsburg – VfB 0:2

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Mein erstes Spiel im Stadion: 1980 VfB – HSV 3:2 (Tore: Müller, Kelsch, Allgöwer) Mein schönstes Stadionerlebnis: 1991 VfB – BVB 7:0 (Allgöwer 2, Sverrisson 3, Walter 2) Meine erste Auswärtsfahrt: 1991 BVB – VfB 0:0 Emotionalster Erfolg: 1992 Deutscher Meister, letzter Spieltag B04 – VfB 1:2 (Tore: Walter, Buchwald) Lieblingsspieler: Helmut Roleder, Asgeir Sigurvinsson

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