Allgemein

Keine Spur von Süd-Schlager

Der FC Bayern ist immer in den Schlagzeilen, obwohl die sportliche Lage nach zehn Meisterschaften am Stück und einem erneut beträchtlichen Vorsprung in der Tabelle kaum einen kargen Einspalter hergibt. Stattdessen geht es um Kimmich, Lewandowski und Katar. Hat der eine genug Reue gezeigt? Hätte der andere den goldenen Ball verdient? Rechtfertigt gutes Geld verbrecherische Partner?

Bestrafter Mut

In der lokalen Presse kommen vor jedem Spiel gegen die Bayern ehemalige VfB-Helden und Berufsoptimisten zu Wort. Sie sprechen wahlweise von Süd-Derby oder Süd-Schlager, bevor sie aufs Neue von der Realität überholt werden.

Am frühen Dienstagabend bilden Musiala und Roca für den Gast aus München das zentrale Mittelfeld. Nach einigen prominenten Ausfällen und dem zähen Dreier gegen Mainz stehen die Zeichen vor dem Spiel beim VfB auf Pflichtsieg. Julian Nagelsmann hat wohl nicht damit gerechnet, dass die Hausherren seinem Team so viele Räume anbieten würden. Am Ende kann er es sich sogar erlauben, die halbe Regionalligamannschaft einzuwechseln.

Die Bayern bejubeln ihr Tor zum 1:0 durch Serge Gnabry.
Foto: Reuters

Gegen hoch überlegene Teams gibt es zwei Ansätze: Entweder du spielst mit oder du parkst den Bus. Matarazzo entscheidet sich für die erste Variante und wird mit fünf Gegentoren bestraft, die meisten aus Umschaltsituationen. Seine Mannschaft macht zwar über weite Strecken der ersten und vor allem zu Beginn der zweiten Hälfte ein couragiertes Spiel mit einigen ansehnlichen Ballstafetten, zeigt sich in den entscheidenden Räumen aber hoffnungslos unterlegen. Dass die Torschützen ganz in Rot fast emotionslos zur Mittellinie zurücktraben, kennen wir sonst nur von Trainingsspielen.

Falsche Hoffnung?

Als der VfB im Spätherbst von zahlreichen Ausfällen geschwächt war, bauten sich viele Fans als Mutmacher ihr Rückrunden-Dreamteam zusammen, das uns den Klassenerhalt sichern soll. Silas und Kalajdzic kommen darin vor, auch Marmoush und Führich wirbeln in unserer Fantasie durch die gegnerischen Abwehrreihen.

Schaut man etwas nüchterner auf die Ausgangslage, wird deutlich, dass selbst unsere besten Spieler nur in Topform eine Hilfe sind. Habt ihr gesehen, wie die Mannschaft nach der Einwechslung von Silas und Führich ihre Struktur verloren hat?  Beide sind sicher exzellente Kicker, allerdings weit von ihrer Bestform entfernt und taktisch noch ziemlich ungeschliffen. Das zuvor von Förster initiierte Pressing fehlt plötzlich. Außerdem können sie in den engen Räumen ihre Stärken kaum entfalten.

Beim Blick auf die zweite Reihe, hat sich die Euphorie aus dem Spätsommer inzwischen gelegt. Die mit großen Hoffnungen verpflichteten Beyaz und Faghir können in dieser Saison offensichtlich noch kein Faktor sein. Auch von den gefeierten Transfers der Vorsaison ist weit und breit nichts zu sehen. Auf eine Leistungsexplosion von Ahamada oder Momo Cissé sollten wir uns im Abstiegskampf besser nicht verlassen.

Wertlose Komplimente

Nach Spielen gegen den FC Bayern erfasst mich immer eine große Leere. Die spannenden Duelle von früher sind nur noch Bilderstrecken zum Durchklicken. Stattdessen bekommt man ein paar wertlose Komplimente und den Hinweis auf kommende Gegner, die eher unsere Kragenweite sind. Mit dieser Leistung werden wir nächste Woche … und so weiter und so fort.

Das einzige, was sich nicht verändert hat, ist der holprige Acker auf dem der VfB im Dezember seine Gäste empfängt. Böse Zungen behaupten, auf einem anständigen Platz hätten wir noch höher verloren.  

VfB – FC Bayern München 0:5

Zum Weiterlesen:

Es ist egal, aber … (vertikalpass.de)

Mein erstes Spiel im Stadion: 1980 VfB – HSV 3:2 (Tore: Müller, Kelsch, Allgöwer) Mein schönstes Stadionerlebnis: 1991 VfB – BVB 7:0 (Allgöwer 2, Sverrisson 3, Walter 2) Meine erste Auswärtsfahrt: 1991 BVB – VfB 0:0 Emotionalster Erfolg: 1992 Deutscher Meister, letzter Spieltag B04 – VfB 1:2 (Tore: Walter, Buchwald) Lieblingsspieler: Helmut Roleder, Asgeir Sigurvinsson

5 Kommentare

  • AF

    Vieles sehe ich genausso, insbesondere die fehlende Struktur beim Pressing nach Föstres Auswechslung.
    Was mich noch total verwundert hat, waren die Einwürfe, die in der eigenen Hälfte teilweise zu Chancen der Bayern wurden. Teilweise dachte ich, die Bayern hauen absichtlich den Ball einfach aus der eigenen Hälfte ins Aus (in der Nähe unseres Strafraums) und holen sich dann den Ball nach unserem Einwurf. Zudem waren wir brav, ohne Biss und in der zweiten Hälfte wieder einmal ausgepowert. Alles Punkte, die wir in vielen Spielen leider sehen müssen.
    Seit Saisonbeginn haben wir keine Antwort auf aggressives Pressing in unserer Hälfte.
    Schaut man noch die letzten Egebnisse der Bayern an, muß man konstatieren, das Matarazzo taktisch wieder einmal total daneben lag.
    Neben den Bayern tun wir uns leider auch gegen Leipzig und Leverkusen ähnlich schwer. Angstgegner sind das keine. Unser Trainerteam hat keine Antwort, spielt immer gleich, was gegen diese Mannschaften zu keinem Erfolg fühern wird.

    • reybucanero74

      Danke für den Kommentar!

      Gegen hohes, aggressives Pressing sieht der VfB in der Tat oft nicht gut aus.
      Die Bayern haben die Ballverluste vor den Gegentoren allerdings nicht durch konsequentes Pressing provoziert, sondern wir haben ihnen die Bälle in der Vorwärtsbewegung leichtfertig überlassen. Dann fehlt gegen eine so umschaltstarke Mannschaft eben die Zeit, um genügend Spieler hinter den Ball zu bringen.
      Gegen Top-Mannschaften wiederholen sich gewisse Muster, das sehe ich auch so. Andere Mannschaften unseres Kalibers machen das besser.

      Grüße!

  • AF

    Ergämzung nach Rechere:
    Mein erstes Spiel im Stadion: 1977 VfB – Fürth 3:2 (Tore: 2x D. Hoeneß, B. Martin) Mein schönstes Neckarstadionerlebnis: 1991 VfB – Manchester United 2:1 (Tore: Kuranyi, Szabic) Meine erste Auswärtsfahrt: 1985 FCN – VfB 0:1 (Tor: Zietsch) Emotionalster Erfolg und schönstes Stadionerlebnis auswärts: 1992 Deutscher Meister, letzter Spieltag B04 – VfB 1:2 (Tore: Walter, Buchwald), Lieblingsspieler: Buchwald, Sigurvinsson, K.-H. Förster

  • AF

    Mir ist noch ein höchst emotionales Heimspiel eingefallen: VfB – Köln (Tore: Kögl, Sammer, K. Allgöwer).
    Das war das erste Spiel unter Daum. Köln führte zur Halbzeit 2:0 und Banach ging nach seinem Tor provozierend an der Haupttribüne entlang. Ich hatte die Dauerkarte meines Opas und noch für meine Freundin eine Karte besorgt und wir haben uns auf dem Platz meines Opas gequetscht, das war ja noch eine Bank und alle Dauerkartenbesitzer um uns herum haben das ermöglicht. Nach dem 3:2 durch Allgöwer sind wir uns alle in den Armen gelegen und die Dauerkarteninhaber haben uns beide zu Maskottchen erklär („ihr missed wiedr komme“).
    Leider schwelge ich noch zu sehr in dieser Zeit und habe daher meine Probleme mit den (notwendigerweise) deutlich reduzierten Ansprüchen unserer sportlichen Leitung.
    Viele Grüße

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.