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Zum Saisonstart: Ein Rückblick auf die Vorbereitung

Am Freitag startet der VfB Stuttgart mit dem Heimspiel gegen Hannover 96 in die neue Saison. Ich blicke zurück auf die Testspiele, die der VfB während der Vorbereitung absolviert hat und versuche daraus Schlüsse für den Saisonstart zu ziehen.

Testspiel-Übersicht

Sonntag, 23.06.2019 in Ilshofen gegen eine Hohenlohe-Auswahl – 11:0
Mittwoch, 26.06.2019 gegen Wacker Innsbruck – 4:1
Samstag, 29.06.2019 gegen BCS Young Boys – 1:3
Freitag, 05.07.2019 bei der TSG Backnang – 3:0
Samstag, 06.07.2019 gegen den FC Zürich – 5:3
Mittwoch, 10.07.2019 gegen den FC Winterthur – 1:3
Samstag, 13. Juli 2019 beim FC Basel – 3:2
Freitag, 19. Juli 2019 gegen den SC Freiburg – 4:2

Einige der Spiele kann man auch nachträglich noch in voller Länge bei youtube sehen.

Was direkt auffällt: Die Tests waren reich an Toren. Selbst wenn man das Spiel gegen die Hohenlohe-Auswahl ausklammert stehen 21:14 Tore in 7 Spiele, im Schnitt also genau 5 Tore pro Spiel mit einem Verhältnis von 3:2 für den VfB. Schleppende Spiele mit schweren Beinen, wie man es sonst von Vorbereitungen gewöhnt ist, gab es eigentlich nicht. Der VfB hat immer sein Tor gemacht, in 6 von 8 Spielen sogar mindestens 3. Dafür gab es auch viele Gegentore, man blieb nur 2 der 8 Spiele ohne Gegentor.

Die Torschützen

Bester Torschütze der Vorbereitung ist Hamadi Al Ghaddioui mit 6 Treffern. In den letzten 3 Spielen hat er allerdings nicht mehr getroffen. Zweitbester Goalgetter ist Mario Gomez mit 5 Toren, gefolgt von Nico Gonzalez und Daniel Didavi mit jeweils 4 Toren (bei Didavi waren davon 2 Elfmeter). Zumindest doppelt trafen Tanguy Coulibaly, Santiago Ascacibar und Roberto Massimo. Einzelne Treffer steuerten zudem Gonzalo Castro, Marcin Kaminski, Maxime Awoudja, sowie die gewechselten Leon Dajaku, Erik Thommy und David Kopacz hinzu. Und wer mitgezählt hat fällt auf, dass noch ein Tor fehlt: Stimmt, es gab noch ein Eigentor von Ralf Kettemann im ersten Vorbereitungsspiel in Ilshofen. Andersherum hat sich übrigens auch Nachwuchs-Linksverteidiger David Grözinger als Eigentorschütze gegen Basel eingetragen.

Die Altersstruktur

Die älteste Startelf stand im letzten Testspiel gehen Freiburg auf dem Platz mit 25,5 Jahren. Die jüngste Elf lief gegen Backnang auf (23,2), allerdings wurden hier auch einige potenzielle Stammkräfte geschont, da am nächsten Tag bereits das Testspiel gegen Zürich auf dem Plan stand. Der Mittelwert des Startelf-Durchschnittsalters liegt bei 24,9 Jahren. Dieser recht niedrige Wert kommt nicht nur durch die teils sehr jungen Neuzugänge zustande (Coulibaly 18, Massimo 18, Kilomwicz 19, usw), sondern auch durch die eingesetzten Nachwuchsspieler wie Mack oder Aidonis. In den ersten Plichtspielen dürfte der Wert etwas höher liegen.

Insgesamt ist die Mannschaft altersmäßig etwas ausgeglichener als letzte Saison, in der es einen großen Schnitt zwischen den jungen und den alten Spielern gab. Jetzt haben wir neben den sehr jungen Spielern zwar auch einige sehr erfahrene Leute mit Stammkraft-Potenzial, wie Gomez, Castro und Didavi. Aber der Raum dazwischen ist mit Kaminski, Klement, Al Ghaddioui oder Kempf deutlich besser gefüllt.

Die älteste auf dem Papier mögliche Elf wäre: Grahl – Insua, Kempf, Kaminski, Badstuber – Castro, Klement, Didavi – Akolo, Gomez, Al Ghaddioui (Altersdurchschnitt: 29,1 Jahre)

Die jüngste mögliche Aufstellung wäre: Kobel – Sosa, Mack, Grözinger – Ascacibar, Mangala – Klimowicz – Coulibaly, Massimo – Gonzalez, Kalajdzic (Altersdurchschnitt: 20,5 Jahre)

Das System

Insgesamt gab es verschiedene Konstellationen, die Cheftrainer Tim Walter ausprobiert hat. Vor allem zwei Systeme ließ er dabei einstudieren: Ein 4-4-2 mit Raute und ein 4-1-2-3. Auffällig ist dabei, dass bei beiden Systeme die meisten Positionen sehr ähnlich sind, vor allem in der hinteren Hälfte. Beide Systeme haben eine 4-er Abwehrreihe gemein und einen einzelnen defensiven Sechser. Dies schafft Stabilität im Defensiv-Verbund mit gleichbleibenden Strukturen und Abläufen. In beiden Systemen gibt es davor zwei weitere Mittelfeldspieler, Achter quasi. Lediglich die drei offensivsten Positionen unterscheiden sich: Bei der Raute gibt es einen echten Zehner und zwei Stürmer, die sich im Zentrum abwechseln können. Bei dem anderen System gibt es einen meist festen Zentrumsstürmer und zwei hängende Spitzen (ich will nicht sagen Außenstürmer, obwohl sie natürlich auch über außen kommen können).

Dabei wurde in den ersten Halbzeiten der Testspiele meist das System mit der Raute gespielt, weshalb ich es als das primäre System ansehe, das vermutlich auch zum Saisonstart zum Tragen kommt. Nun gilt es die Systeme mit Leben zu füllen.

Die Torhüter

Auf der Torwart-Position haben sich bis zur Verletzung von Jens Grahl die drei Torhüter in den Testspielen abgewechselt. Dabei hatte Gregor Kobel, obwohl er als letzter Keeper zum Team stieß, mit 277 Minuten die meiste Einsatzzeit, knapp gefolgt von Fabian Bredlow mit 267 Minuten. Grahl konnte nur bei den ersten 4 Spielen mitwirken und kommt auf 161 Spielminuten. Auch bei den Startelf-Einsätzen hat Kobel die Nase vorn. Er stand 4-mal zu Spielbeginn im Tor, seine Torwart-Kollegen nur jeweils 2-mal. In den letzten drei Testspielen stand Kobel in der Startelf, damit dürfte kein Zweifel daran bestehen, dass er auch gegen Hannover von Beginn an aufläuft.

Die Innenverteidiger

Bei den Innenverteidigern gab es eine recht hohe Rotation, was vor allem daran liegt, dass Kaminski und Awoudja erst später zum Team gestoßen sind und Kempf anfänglich verletzt war. Daher hat man mit Aidonis und Mack gleich zwei Nachwuchs-Spieler zum Team geholt, um die Plätze zu füllen. Die meiste Spielzeit hatte unter dem Strich dann mit 393 Minuten auch Luca Mack, wobei man hier seine Spielzeit im defensiven Mittelfeld wieder abziehen muss. Da er beide Positionen spielen kann, wurde er auch auf beidem getestet, deutlich mehr Spielzeit hatte er aber in der IV. Für den Saisonbeginn ist Mack allerdings ohnehin noch dank einer roten Karte aus der Vorsaison gesperrt.

Von den gestandenen Profis hatte Marcin Kaminski die meiste Einsatzzeit mit 309 Minuten, und das trotz seines längeren Urlaubs. Auch hatte Kaminski mehr Startelf-Einsätze (5) als seine Kollegen, vier davon in den letzten 4 Spielen. Er ist eindeutig als Stammspieler eingeplant. Vor allem beim Spiel gegen Basel war Kaminski überragend, nicht nur wegen seinem Tor und seiner Torvorlage. Zu ihm scheint das Walter-System sehr gut zu passen, sodass sich auch anfängliche Wechselgedanken in Wohlgefallen aufgelöst zu haben scheinen.

Marc Oliver Kempf konnte in den ersten drei Testspielen nicht mitwirken, kommt aber trotzdem auf 264 Spielminuten. Zudem stand er in den letzten drei Spielen zusammen mit Kaminski in der Startelf (insgesamt 4-mal) und wird mit diesem das Innenverteidiger-Duo bilden. Kempf ist zudem ein heißer Kandidat auf das Kapitänsamt.

Dahinter sind Holger Badstuber (226 Minuten) und vor allem Maxime Awoudja (242) die ersten Alternativen. Aidonis (215) trainiert hingegen nicht mehr bei den Profis mit, für ihn hat es noch nicht gereicht.

Die Außenverteidiger

Hinten rechts ist Pascal Stenzel (498 Minuten) praktisch konkurrenzlos. Zu Beginn der Vorbereitung setzte man Thommy (162) noch auf dieser Position ein, aber den zog es bekanntlich nach Düsseldorf. Auch die weiteren Kandidaten wie Benjamin Pavard oder Pablo Maffeo haben den Club verlassen.

Auf der linken Seite gibt es etwas mehr Auswahl. David Grözinger spielte insgesamt 371 Minuten, Insua (nach Sonderurlaub) immerhin noch 209 Minuten und Borna Sosa nach Urlaub und Verletzung nur noch 90 Minuten im letzten Test gegen Freiburg. Trotzdem sehe ich Sosa derzeit vorne für einen Einsatz in der Startelf. Insua fällt verletzt aus und Grözinger wirkte in den Testspielen teilweise noch recht unsicher (ich kann mir vorstellen, dass er den Durchbruch packt. Ich vermute aber derzeit ist er noch nicht ganz so weit). Fußnote: Mit Ailton (125 Minuten) hat ein weiterer Linksverteidiger den VfB während der Vorbereitung verlassen.

Das defensive Mittelfeld

Walter spielt wie gesagt vorzugsweise mit einem defensiven Mittelfeldspieler und hier brauchen wir nicht lange um den heißen Brei herumreden: Wenn Atakan Karazor fit ist, wird er auf dieser Position spielen. Er ist der wichtigste Mann für Tim Walter, der Taktgeber, der Situations-„Scanner“, der Balance-Spieler, der Spiel-Entscheider. Das letzte Testspiel verpasste er angeschlagen, kommt insgesamt auf 435 Spielminuten. Fünf seiner sieben Partien bestritt er von Beginn an.

Erster Ersatzmann ist Santiago Ascacibar, der in der Vorbereitung ebenfalls auf dieser Position eingesetzt wurde. Insgesamt spielte er 495 Minuten und ist damit einer der absoluten Dauerbrenner. Er wurde allerdings vor allem auch auf der linken Halbposition im Mittelfeld eingesetzt.

Auch Orel Mangala (195 Minuten), Luca Mack und Gonzalo Castro können im defensiven Mittelfeld spielen, sind zum Saisonstart aber hier nicht erste Wahl.

Die Halbpositionen im Mittelfeld/Achter

Die beiden Halbpositionen in der Raute wurden vor allem von 4 Spieler besetzt: Ascacibar, Castro (392 Minuten), Mateo Klimowicz (394) und Philipp Klement (166). Letzterer verpasste weite Teile der Vorbereitung aufgrund einer Verletzung und konnte so nur an 3 der 8 Testspiele mitwirken. In allen dreien Stand er aber in der Startelf. Ich gehe davon aus, dass er mittelfristig zum Stammspieler wird. Zu Beginn scheinen aber zwei andere Spieler die Nase vorn zu haben: Santi Ascacibar (7 von 8-mal Startelf, nur Stenzel hat mehr Spielminuten) und Gonzalo Castro (6 von 7 mal Startelf, teils als Kapitän). Klimowicz wurde 6 von 8-mal eingewechselt und ist wohl vorerst der Herausforderer.

Der Spielmacher/Zehner

Diese Position ist das Terrain von Daniel Didavi. Er ist fit, spielte 374 Minuten und stand in 6 seiner 7 Vorbereitungs-Einsätze in der Startelf. Tim Walter scheint voll auf Didavi zu bauen, mit seiner Auswechslung wurde meist dann auch das System umgestellt auf das oben angesprochene 4-1-2-3. Auch andere Teamkollegen können diese Position spielen, vor allem Klement und Klimowicz. Es sieht aber derzeit so aus, als steht und fällt die Raute mit Didavi.

Der Sturm

Auf dem Papier hat Tim Walter im Sturm viele Möglichkeiten. Mit dem langfristigen Ausfall von Sasa Kalajdzic (nur 116 Vorbereitungs-Minuten), der Abwesenheit von Nico Gonzalez (297 Minuten), dem erst spät zum Team gestoßenen Chadrac Akolo (kein Einsatz), sowie dem auf dem Absprung stehenden Donis (150), lichtet sich das Feld allerdings etwas. Übrig bleiben Altmeister Mario Gomez (305 Minuten, 4-mal Startelf in 6 Einsätzen) und Neuzugang Hamid Al Ghaddioui (405 Minuten), der neben den meisten Toren auch die meisten Einsatzminuten aller Stürmer verbuchen konnte. Auch die beiden neuen Jungspunde Roberto Massimo (241 Minuten, 4 Einwechslungen in 6 Spielen) und Coulibaly (206 Minuten, 4 Einwechslungen in 5 Spielen) sind einsatzbereit, stehen aber wohl erst einmal hinten an. Vor allem auch deshalb, weil sie in erster Linie auf den Außenbahnen zu Hause sind und eher in das andere System passen.

Das „andere“ System

Das zweite System, neben der Raute, ist wie angesprochen das 4-1-2-3. Vor allem auf den drei offensiven Positionen wird dabei variiert und zielt darauf ab, ohne 10er zu spielen. Im Sturmzentrum gibt dann nur einen Stürmer, dafür zwei wendige hängende Spitzen. Kann gut sein, dass es am Freitag in der zweiten Hälfte einen Doppelwechsel gibt und Coulibaly und Massimo für Didavi und Gomez ins Spiel kommen.

Übersicht der Dauerbrenner

Hier sind die 10 Spieler mit den meisten Spielminuten der Vorbereitung (maximal möglich waren 750 Testspiel-Minuten) in der Übersicht:

498 Minuten – Stenzel (6x Startelf)
495 Minuten – Ascacibar (7x Startelf)
435 Minuten – Karazor (5x Startelf)
405 Minuten – Al Ghaddioui (3x Startelf)
394 Minuten – Klimowicz (2x Startelf)
393 Minuten – Mack (3x Startelf)
392 Minuten – Castro (6x Startelf)
374 Minuten – Didavi (6x Startelf)
371 Minuten – Grözinger (3x Startelf)
309 Minuten – Kaminski (5x Startelf)

Die Startelf-Prognose für das Hannover-Spiel

Kobel – Sosa, Kempf, Kaminski, Stenzel – Karazor – Ascacibar, Castro – Didavi – Gomez, Al Ghaddioui
Diese Startelf hätte ein Durchschnittsalter von 26,2 Jahren.

Auf der Ersatzbank dürfen ab dieser Saison 9 Spieler Platz nehmen. Für Freitag ergibt sich das beinahe von selbst: Bredlow, Awoudja, Badstuber, Grözinger, Mangala, Klement, Klimowicz, Coulibaly, Massimo

Es fehlen: Kalajdzic, Insua, Grahl (alle verletzt), Baumgartl, Donis (beide offiziell angeschlagen), Mack (gesperrt), Gonzalez (bei Nationalmannschaft) und Akolo (Trainingsrückstand durch seinen späten Einstieg nach dem Afrika-Cup).

… und jetzt kann es meiner Meinung nach dann auch losgehen!

Edit: Fehler im Altersschnitt korrigiert.

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