Allgemein

Die Silas-und-Sasa-Morgana

Zählt ihr auch schon die Tage bis zum Silas-Comeback? Beobachtet ihr auch im Fernsehen, ob Sasa die Schulter wieder normal bewegt? Wie oft müssen wir noch schlafen, bevor die Tafeln mit den Nummern 14 und 9 aufleuchten? Die quälende Eindimensionalität unseres Angriffsspiels wird sich in einen sprudelnden Wasserfall verwandeln, sobald die beiden wieder auf dem Platz stehen. Wer´s nicht glaubt, der ist ein Bruddler, hey, hey!

Die brüllende Schiebermütze

Um den Unterschied zwischen der aktuellen Stimmung beim VfB und dem 1. FC Köln zu erkennen, muss man nur einen Blick in die Coaching-Zone werfen. Auf der einen Seite steht gedankenversunken unser Signore mit graumeliertem Bart und dunkler Daunen-Steppjacke, neben ihm tigert Steffen Baumgart in Schiebermütze und Trainingshose an der Seitenlinie entlang.

Trotz der herbstlich kühlen Temperaturen hat der geborene Rostocker Kurzarm gewählt und brüllt seinen Spielern mit vorgebeugtem Oberkörper ununterbrochen Kommandos zu. Er lebt die gewünschte Intensität in besonderer Weise am Spielfeldrand vor.

Bild: sportschau.de

Der ewige Modeste

Nicht weniger als acht Wechsel nimmt der Kölner Cheftrainer für das Pokalspiel in Stuttgart vor, darunter fast die komplette Abwehrkette. Als Sturmspitze bietet er den kopfballstarken Sebastian Andersson statt Anthony Modeste auf. Auch Spielmacher Duda und der torgefährliche Uth bleiben zunächst auf der Bank.

Beim VfB müssen nur die angeschlagenen Karazor und Nartey sowie Al Ghaddioui für Mangala, Didavi und Klimovicz weichen. Wer daraus jedoch schließt, dass Pellegrino Matarazzo die zweite DFB-Pokal Hauptrunde ernster nimmt als sein Pendant, sieht sich getäuscht – spätestens nach der Einwechslung des ewigen Modeste. 25 Mal hat der heute 33-Jährige in der Saison 2016/17 für den FC getroffen, insgesamt 87 Tore in der Bundesliga erzielt. Am Mittwochabend entscheidet er das Spiel ganz locker im Alleingang.

Zum Vergleich: Tanguy Coulibaly war 2016 gerade 15 Jahre alt und kommt bisher erst auf 37 Bundesligaeinsätze. Unsere Nummer 7 hat vielleicht mehr Talent und seine besten Jahre noch vor sich, aber das Duell auf dem Rasen entscheidet der alte Haudegen für sich. Während Tanguy viel läuft und genauso viele Bälle verliert, steht Tony zweimal da, wo ein Stürmer stehen muss. Die Rückkehr aus St. Etienne im Sommer hat sich für den 1.FC Köln schon jetzt gelohnt.

Eine Frage der Qualität

Die beiden Unentschieden gegen Gladbach und Union wurden von den VfB-Fans gefeiert wie Siege. Unbändiger Wille und Einsatz bis zum Letzten bescherten zwei wichtige Punkte und die Erkenntnis, dass die Mannschaft konkurrenzfähig ist. Allerdings war schon da nicht zu übersehen, dass man sich schwer tut, Torchancen zu erspielen.

Nach dem Pokal-Aus gegen kampfstarke, aber keinesfalls übermächtige Kölner müssen wir feststellen, dass es einen Mavropanos-Hammer oder einen Last-Minute-Faghir nicht auf Bestellung gibt. Dem VfB fehlt auf den Flügeln und in der Offensive derzeit schlicht die Qualität, um sich gegen eine solide Bundesligaabwehr durchzusetzen.

Dabei sind es nicht nur Nachwuchstalente, die in ihrer Entwicklung stagnieren, sondern auch ambitionierte Kräfte wie zum Beispiel Borna Sosa. Beim 6:0-Erstrundensieg gegen den BFC Dynamo war der kroatische Nationalspieler noch stolzer Kapitän und Torschütze, zuletzt sah man, dass ihm Konstanz und Variabilität fehlen, um ein Unterschiedsspieler zu sein.

Mit seiner Geschwindigkeit und seinem feinen linken Fuß könnte er dem Spiel Tiefe geben und auch selbst torgefährlich werden. Stattdessen wählt er häufig den Rückpass oder die Halbfeldflanke auf den nicht vorhandenen Zielspieler im Strafraum.

Matarazzo wird wohl auch in den bevorstehenden heißen Herbstwochen der zweiten Reihe eine Chance geben. Dann gilt einmal mehr die Ansage des Sportdirektors: Die Tür ist weit offen, aber durchgehen müssen die Spieler selbst. Ein Grund für die starken Leistungen der vergangenen Saison war, dass verschiedene Akteure Entwicklungssprünge machten und damit Spiele entschieden. Außer Mavropanos ist das in den letzten Wochen keinem gelungen.

Crunchtime

Union Berlin und nun auch der 1. FC Köln haben sich im Neckarstadion fußballerisch reifer und zielstrebiger gezeigt als die junge VfB-Truppe. Es wäre keine Überraschung, wenn wir uns mit anderen messen müssten, wenn es um die Plätze am rettenden Ufer geht. Bis Anfang Dezember stehen Augsburg, Bielefeld, Mainz und Hertha auf dem Programm. Da muss die Mannschaft zeigen, dass sie Druck entwickeln und Tore erzielen kann.  

Das Hoffen auf die Rückrunde und die Rückkehr der Langzeitverletzten könnte sich dagegen als trügerisch erweisen. Silas Katompa und Sasa Kalajdzic verfügen zwar über große Qualitäten, müssen sich aber erst wieder mühsam an ihre Bestform heranarbeiten. Wir dürfen außerdem nicht vergessen, dass sie im Vergleich zu Anthony Modeste noch ziemlich grün hinter den Ohren sind. Beide zusammen haben gerade einmal 59 Bundesligapartien bestritten.   

VfB – 1. FC Köln 0:2

Zum Weiterlesen:

Der Unterschied – Rund um den Brustring

Wer gibt dem VfB den Rest? Anthony Modeste! (vertikalpass.de)

Mein erstes Spiel im Stadion: 1980 VfB – HSV 3:2 (Tore: Müller, Kelsch, Allgöwer) Mein schönstes Stadionerlebnis: 1991 VfB – BVB 7:0 (Allgöwer 2, Sverrisson 3, Walter 2) Meine erste Auswärtsfahrt: 1991 BVB – VfB 0:0 Emotionalster Erfolg: 1992 Deutscher Meister, letzter Spieltag B04 – VfB 1:2 (Tore: Walter, Buchwald) Lieblingsspieler: Helmut Roleder, Asgeir Sigurvinsson

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