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Unentschieden

Kaum dürfen die Stadien wieder gefüllt werden, kocht die alte Diskussion über Fankultur hoch. Die Ultras feiern ihre Rückkehr mit Choreografien und Pyrotechnik, Polizei und Verbände pflegen bekannte Feindbilder.

Der Präsident des Futbol Club Barcelona Joan Laporta beklagt, dass die Eintracht-Anhänger das Europa-League-Viertelfinale in Camp Nou zum stimmungsvollen Fußballfest gemacht haben. Solche „Planungsfehler“ dürften in Zukunft nicht wieder vorkommen. Womöglich wünscht sich der katalanische Funktionär die Pappkameraden und die Stadionatmosphäre aus der Tonkonserve zurück.

Bei der DFL distanziert man sich zwar öffentlich bei jeder Gelegenheit von den Ultras, übernimmt aber gerne Bilder aus den Kurven für das eigene Marketing. Denn mal ganz ehrlich: Wer würde sich am Karsamstag bei bestem Frühlingswetter auf einem Mainzer Acker ein torloses Unentschieden anschauen, wenn die beiden Fanlager nicht eine so intensive Stimmung in den seelenlosen Fertigbau zauberten?  

Ist das Fußball oder kann das weg?

Auf den Tribünen herrscht also gute Laune und auch taktisch geht Matarazzos Matchplan in der ersten Halbzeit auf. Die heimstarken Mainzer können weder ihr gefürchtetes Gegenpressing noch ihre geradlinigen Angriffe auf den Platz bringen. Zu eng sind die Räume im Mittelfeld, zu aufmerksam verteidigt die Stuttgarter Viererkette um Abwehrchef Mavropanos.

Leider hat sich auch Bo Svensson die Stärken des Gegners genau angeschaut. Zielspieler Kalajdzic kann keine Wirkung entfalten und die schnellen Außen verheddern sich mit ihren Einzelaktionen in der vielbeinigen Mainzer Abwehr.

Für den neutralen Zuschauer sind die Darbietungen beider Mannschaften allerdings eine Zumutung. Da wird gestochert, gebolzt und geklammert – Fußball wie ein Bandsalat, dauernd unterbrochen von den kleinlichen Pfiffen des Schiedsrichters.  

Eng ging es zu in Mainz. Burkardt blieb oft entscheidend hängen.
Wo ist der Ball? (Foto: IMAGO/Jan Huebner)

Nur zwei Szenen schaffen es auf meinen Notizzettel, dessen Ränder sorgfältig ausgemalte Blumengirlanden zieren wie einst nach einer Doppelstunde mit Schülerreferaten über Maria Stewart.

15. Minute: Ein Sosa-Freistoß erreicht Tomás auf der rechten Seite. Statt abzuschließen, entscheidet sich der Portugiese für den Querpass auf Kalajdzic, der die Kugel auf die Tribüne jagt.

40. Minute: Nach einem schönen Doppelpass kommt Mangala an der Strafraumgrenze mit links zum Schuss, scheitert aber am stark reagierenden Zentner.

Unzulänglichkeiten

Die ersten zehn Minuten nach Wiederanpfiff bieten dann den höchsten Unterhaltungswert einer insgesamt schwachen Bundesligapartie. Zunächst nimmt Tomás einen Steckpass im Strafraum unsauber an und vermasselt damit die gute Tormöglichkeit. Wenig später pfeift Badstübner dem aufgerückten Mavropanos (zurecht) einen Kopfballtreffer wegen eines vorangegangenen Offensivfouls zurück, bevor Chris Führich in der 51. Minute einen unmotivierten Ausflug des gegnerischen Keepers nicht zur Führung nutzen kann. Sein Schuss geht weit am leeren Tor vorbei.

Mit dem Pfostentreffer von Dominik Kohr beginnt vier Minuten später die beste Phase der Gastgeber. Doch auch Burkhardt und Ingvartsen scheitern in der Folge an einem Abwehrbein oder eigenen Unzulänglichkeiten. In der letzten halben Stunde verlieren die dunkel gekleideten Stuttgarter zunehmend die Kontrolle über das Geschehen und müssen am Ende froh sein, als Florian Badstübner zum letzten Mal in seine Pfeife bläst.

Angesichts des Auswärtssiegs der Hertha kann der VfB mit dem Punkt nicht zufrieden sein. Andererseits ist das torlose Remis ein folgerichtiges Resultat der schwachen Leistung beider Offensivreihen. Sicher ist ein Teilerfolg in Mainz für eine Mannschaft mit dem Ziel Klassenerhalt grundsätzlich ein ordentliches Ergebnis, fragt sich nur, ob die Trauben in den ausstehenden vier Partien niedriger hängen. Bei denen, die es mit dem Brustring halten, ist die Gefühlslage am frühen Samstagabend daher ziemlich – sagen wir: unentschieden.

Ruhe vs. Archaik

Den großen Abstiegscheck – in den vergangenen Tagen und Wochen durften wir ihn aus unterschiedlichen Quellen lesen. Dabei hieß es oft, der VfB sei im Vergleich zur Konkurrenz spielerisch die reifste Mannschaft. Dank der Ruhe im Klub, der Unterstützung der Fans und dem jüngsten Aufwärtstrend (9 Punkte aus den letzten 6 Spielen) stünden die Chancen gut, das rettende Ufer zu erreichen.

Tatsächlich ist es bemerkenswert, wie die Verantwortlichen an der Mercedesstraße alle Störgeräusche ausblenden und unverzagt Optimismus verbreiten. Dass in den letzten drei Spielen nur ein (Elfmeter-) Tor gelang, dass die Formkurve einiger Stammspieler nach unten zeigt, dass von den Einwechselspielern wenig Impulse kommen, dass auf dem Rasen zuletzt der unbedingte Siegeswille zu fehlen schien, all das möchte man zu diesem Zeitpunkt verständlicherweise nicht thematisieren.

Dennoch weiß die sportliche Führung um Sven Mislintat, dass sich der Abstiegskampf nun am kommenden Sonntag auf das Duell gegen die Hertha zuspitzt. Magaths archaischer Pfefferminztee-und-Medizinball-Ansatz mit Kevin Prince in der Rolle des Phönix aus der Asche wird den Stuttgarter Weg herausfordern. Ob das Drehbuch dann die langfristig angelegte, den modernen Fußball bejahende Strategie belohnt?

Besuch (bei) der alten Dame

Dass der Dreißigerjahre-Bau im Berliner Westend Bühne für stimmungsvolle Fußballfeste sein kann, wissen wir von so manchem DFB-Pokalfinale. Wenn die Hertha dort ihre Heimspiele austrägt, will der Funke aber nicht immer überspringen. Nächste Woche sollte es an Feuer nicht mangeln, wenn Berliner und Brandenburger auf der einen Seite, Schwabo-Berliner und angereiste Auswärtsfans auf der anderen den alten Gemäuern bei ihrem Abstiegs-Endspiel richtig einheizen. Hoffen wir nur, dass die Aufführung für den VfB nicht zur Tragikkomödie wird.

FSV Mainz 05 – VfB Stuttgart 0:0

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Das kann hässlich werden! – Vertikalpass

VertikalGIF #M05VfB: Ach du dickes Ei! – Vertikalpass

Mein erstes Spiel im Stadion: 1980 VfB – HSV 3:2 (Tore: Müller, Kelsch, Allgöwer) Mein schönstes Stadionerlebnis: 1991 VfB – BVB 7:0 (Allgöwer 2, Sverrisson 3, Walter 2) Meine erste Auswärtsfahrt: 1991 BVB – VfB 0:0 Emotionalster Erfolg: 1992 Deutscher Meister, letzter Spieltag B04 – VfB 1:2 (Tore: Walter, Buchwald) Lieblingsspieler: Helmut Roleder, Asgeir Sigurvinsson

2 Kommentare

  • Ute

    Du hast definitiv zu viele Blümchen gemalt – die Dame hieß Stuart, Maria Stuart, wie jeder Schotte Dir bestätigen wird – *Klugscheißer-Modus aus*

    Danke für die kluge Einordnung. Ich glaube ich geh nächsten Sonntag Abend auf einen langen Spaziergang in einem Funkloch…

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