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Lamas im Fernsehstudio

Matheus Pereira vom FCN griff seinem Gegenspieler neulich beherzt in die Familienplanung, Marcel Sabitzer vom Brausehersteller rammte im Pokalspiel seinem Kontrahenten mit voller Wucht den Ellbogen in die Rippen. In beiden Fällen ist mir nicht bekannt, dass Fußballdeutschland den Ausschluss der Übeltäter aus der Gesellschaft gefordert hätte. Sabitzer sah noch nicht einmal eine Karte. Santiago Ascacíbar trifft dagegen die volle Wucht der deutschen Empörung: eine Straftat, das Schlimmste im Fußball überhaupt, hat in unserer Gesellschaft nichts zu suchen, zurück in die Pampa.

Nicht dass wir uns falsch verstehen: Ich habe selbst Fußball gespielt und weiß, dass es unter Fußballern eine interne Abstufung der Verabscheuungswürdigkeit von Fouls gibt. So geht eine grenzwertige Grätsche eher durch als ein fieses „Drüberhalten“. Spucken, in die Weichteile greifen und Ellbogenstöße stehen auf dieser Skala zurecht ganz weit oben. Nichts und niemand kann die Kurzschlussreaktion von Santi rechtfertigen. Das war grob unsportlich. Das muss angemessen bestraft werden. Das wird ihm hoffentlich eine Lehre sein.

Aber zurück zu den verbalen Übeltätern in den Fernsehstudios und sozialen Medien. Die Selbstgerechtigkeit, mit der ihr einen 21-Jährigen aburteilt, die Maßlosigkeit, mit der ihr euch an eurer eigenen Empörung aufgeilt, die Hybris, mit der ihr euch anmaßt, über andere zu urteilen, dafür müsstet ihr mit mehr als einer roten Karte und acht Wochen Sperre bestraft werden. In Zeiten, in denen die Verbreitung menschenfeindlicher Kommentare wieder salonfähig wird, sollte man solchen Leuten für immer die öffentliche Bühne nehmen. Ihr seid die Lamas der Fernsehstudios.

Herrn Neururer und den anderen selbernannten Richtern in der Causa Ascacíbar möchte ich daher eine Liedzeile des bairischen Liedermachers Hans Söllner widmen: „Alle sam ma Wichser und a jeder woaß wias geht, aba Sie onanieren geistig und davon wird mer bled.“

Mein erstes Spiel im Stadion: 1980 VfB – HSV 3:2 (Tore: Müller, Kelsch, Allgöwer) Mein schönstes Stadionerlebnis: 1991 VfB – BVB 7:0 (Allgöwer 2, Sverrisson 3, Walter 2) Meine erste Auswärtsfahrt: 1991 BVB – VfB 0:0 Emotionalster Erfolg: 1992 Deutscher Meister, letzter Spieltag B04 – VfB 1:2 (Tore: Walter, Buchwald) Lieblingsspieler: Helmut Roleder, Asgeir Sigurvinsson

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