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Stunde null

Nach der Niederlage bei einem direkten Konkurrenten muss der VfB mehr denn je um den Klassenerhalt zittern. Bereits nach zwanzig Minuten liegt die Mannschaft mit 0:2 zurück und spielt nach einer desaströsen Hinrunde eine genauso schlechte Rückserie. Momentan ist es schwer vorstellbar, wie die Truppe noch einmal die Wende schaffen soll.

Ihr denkt jetzt sicher: Was für eine emotionslose Beschreibung der furchtbaren Demontage, die als (erneute) Stunde null in die Vereinsgeschichte eingehen wird. Ihr lest den falschen Artikel. Es ist der Bericht zur 1:2-Pleite des VfB II in der Regionalligapartie beim FK 03 Pirmasens. Damit sei allen denjenigen vorab der Zahn gezogen, die nur eine kleine sportliche Delle der Bundesligamannschaft in einem ansonsten prosperierenden Club diagnostizieren. Auferstehung hin oder her: Der VfB liegt pünktlich zum Hochfest der Christen aber mal sowas von in der Gosse, das kann man mit einem Sozialarbeiter allein nicht mehr reparieren. Immerhin hat Hitzlsperger mit den Aufräumarbeiten begonnen und Weinzierl zurück ins Sabbatical geschickt.

Lieber Markus,

du bist an der Seitenlinie auch aus 80 Meter Entfernung gut an den weißen Sneakers zu erkennen. Schick. Vielleicht wirst du irgendwann einmal zum bestaussehenden Trainer gekürt. Ansonsten bleibst du als Grantler mit Charme in Erinnerung, der eine schwache Mannschaft übernahm und einen Trümmerhaufen hinterließ.

Du hast gefragt: „Bin ich schuld, wenn wir vorne das Tor nicht treffen und hinten Fehler machen? Bin ich eigentlich an allem schuld?“ Naja Markus, du bist schuld am desolaten Zustand der Mannschaft, die du schon seit Wochen nicht mehr erreichst. Du hast die Gruppe nicht einen und ihr kein Leben einhauchen können. Du bist schuld an zweifelhaften Aufstellungen und wirkungslosen Spielplänen. Markus, du bist zumindest auf dem Papier der schlechteste Trainer der Vereinsgeschichte. Pfiat di Gott.

Dietrich ite domum – geh nach Hause!

Fragen wir also in Anlehnung an Monty Pythons kultiges „Was haben die Römer je für uns getan?“: Was läuft eigentlich schief beim VfB?

Dietrichs Adlatus hat einen total verkorksten Kader hinterlassen. Schlimmer: In Augsburg hatten wir nicht einmal den Torso einer Mannschaft auf dem Platz. Elf Einzelspieler, von denen jeder für sich den Nachweis seiner Bundesligatauglichkeit schuldig blieb (Zieler vielleicht einmal ausgeklammert). Ich weigere mich, über Kabaks Fehlpässe oder Gonzalez´ Ballverluste zu lamentieren. Lieber schreibe ich einen Brief an Mario Gómez.

Hallo Mario,

als du nach Abpfiff mit einem erbärmlichen Häuflein in die Kurve kamst, wollte ich dich fragen: Bist du immer noch tausendprozentig vom Klassenerhalt überzeugt? Seien wir ehrlich, selbst du hast in deiner langen Karriere selten eine derart kaputte Truppe gesehen. Hören sie dir eigentlich noch zu? Oder winken sie ab, wie du vor der Kurve, weil ein Stürmer, der behäbig und unbeholfen einen Ball nach dem anderen verdattelt, trotz aller Sterne am Revers nicht mehr glaubwürdig ist? Weißt du Mario, es gibt da ein Wort, das beginnt mit „R“ und endet mit „tritt“. Dengsch halt amol dribber nach.

Was läuft also schief bei unserem geliebten VfB?

Die Professionalisierung auf allen Ebenen ist missglückt. Wir reiben uns entsetzt die Augen angesichts der Wir-sind-Stuttgart-Kampagne und warten ungeduldig auf eine Antwort in der Causa Quattrex. Die jungen Wilden sollten aufgelöst werden und holen sich jetzt stattdessen in der Regionalliga gegen Provinzmannschaften eine Backpfeife nach der anderen ab.

„Hab´s mal bissle angepasst, gell!“ by @snowwhizzl (I love it!)

Es gibt keine zukunftsfähigen Strukturen in der AG. Aufsichtsratsmitglied Porth von der Weltmarke Daimler pöbelt auf der Ehrentribüne wüst gegen eine Vereins-Ikone, die daraufhin zurücktritt und am Sonntag in Helmers Weißbierrunde an die Ehre der Mannschaft appelliert. Ein Gremium wie der Fanausschuss ist so zahnlos, dass er einen offenen Brief an den Präsidenten lancieren muss, statt die Kritik auf internen Kanälen wirksam zu artikulieren.  

Der Fünf-Jahres-Plan ist keine zwei Jahre nach seiner Verkündung schon Makulatur. Lügen, Hochmut, Peinlichkeiten und Misserfolg begleiten uns schon die ganze Saison. Die letzten Wochen setzen dem Ganzen die Krone auf: Der VfB wird zum Gespött der Nation.

Die Spieler tragen das Trikot mit dem Brustring nicht mehr mit Stolz. Vom Flegel bis zum Möchte-gern-Superstar hat der VfB reichlich fragwürdige Charaktere auf der Gehaltsliste. Die wenigen, denen man abnimmt, dass sie für den Club leben, haben nicht (mehr) das sportliche Niveau, um der Mannschaft entscheidend zu helfen.

Nun soll es also Thomas Hitzlsperger richten. Eine Herkulesaufgabe für den sympathischen Sportvorstand. Mit Nico Willig setzt er erst einmal auf eine interne Interimslösung bis Saisonende. „Das einzig Positive an diesem Wochenende ist, dass wir es noch in der eigenen Hand haben.“ An dieser Stelle möchte ich Hitz widersprechen. Das einzig Positive ist, dass dieser neue Tiefpunkt so tief ist, dass es tiefer nicht mehr geht. Ich hoffe, der VfB straft mich nicht wieder einmal Lügen.


Mein erstes Spiel im Stadion: 1980 VfB – HSV 3:2 (Tore: Müller, Kelsch, Allgöwer) Mein schönstes Stadionerlebnis: 1991 VfB – BVB 7:0 (Allgöwer 2, Sverrisson 3, Walter 2) Meine erste Auswärtsfahrt: 1991 BVB – VfB 0:0 Emotionalster Erfolg: 1992 Deutscher Meister, letzter Spieltag B04 – VfB 1:2 (Tore: Walter, Buchwald) Lieblingsspieler: Helmut Roleder, Asgeir Sigurvinsson

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