Zum Saisonstart 2021: Ein Rückblick auf die Vorbereitung
Zugegeben: Es gab schon spannendere Saisonvorbereitungen beim VfB Stuttgart. Trainer Pellegrino Matarazzo ist bereits seit anderthalb Jahren im Amt und als Fan kennt sein präferiertes System. Und man weiß, wie er spielen lassen will. Vor dem Saisonauftakt am Samstag im Pokal beim BFC Dynamo bleiben allerdings trotzdem einige Fragezeichen. Vor allem Personalwechsel und viele Ausfälle in der Mannschaft sorgen dafür. Ich blicke zurück auf die Testspiele, die der VfB während der Vorbereitung absolviert hat und versuche daraus Schlüsse für den Saisonstart zu ziehen.
Testspiel-Übersicht
06.07.21 | FSV Hollenbach | 90 Minuten | 10:1 |
10.07.21 | FC St. Gallen | 90 Minuten | 3:0 |
14.07.21 | SV Darmstadt 98 | 90 Minuten | 1:1 |
20.07.21 | Liverpool / Innsbruck | Je 30 Minuten | 1:1 / 1:0 |
23.07.21 | Arminia Bielefeld | 120 Minuten | 5:2 |
31.07.21 | FC Barcelona | 90 Minuten | 0:3 |
In der vergangenen Sommerpause waren bedingt durch die Pandemie nur wenige Testspiele möglich. Nun neigt sich die erste halbwegs normale Saisonvorbereitung unter Trainer Matarazzo dem Ende entgegen. Die Bilanz nach sieben Spielen: 4 Siege und nur eine Niederlage gegen den FC Barcelona. Selbst dem FC Liverpool trotze man ein Unentschieden ab.
Das Torverhältnis steht am Ende bei 21:8, wobei man das Spiel gegen des FSV Hollenbach für die Tor-Statistik wohl eher ausklammern sollte. In den übrigen 450 Testspielminuten (entspricht 5x 90 Minuten) erzielte der VfB also 11 Tore und fing sich 7 Tore ein. Umgerechnet auf 90 Minuten Spielzeit entspricht dies einem durchschnittlichen Torverhältnis von 2,2 zu 1,4. Das klingt nicht gerade berauschend, vor allem weil Teams wie St. Gallen, Darmstadt oder Innsbruck beteiligt waren.
Verglichen mit der torreichen Vorbereitung vor zwei Jahren unter Tim Walter fielen knapp anderthalb Tore weniger pro Spiel. Allerdings ist der heutige VfB natürlich auch nicht wirklich mit dem vor zwei Jahren vergleichbar – und wie es mit Walter weiterging, wissen wir alle.
Der Kader
Offiziell gehören 32 Spieler zum Profikader. Darunter zwei Torhüter, acht Abwehrspieler, 18 (!) Mittelfeldspieler und vier Stürmer.
Ergänzt wurde der Kader allerdings hin und wieder von Talenten aus der U21, sodass insgesamt 10 weitere Spieler (meist nur einmalig) aufgeboten wurden. Allein im Test gegen Barca wurden sieben dieser zehn Spieler eingesetzt. Da dort nur fitte, vollständig Corona-immunisierte Spieler aufgeboten wurden, blieb nur ein Rumpf-Kader von nur 8 (!) übrigen Profis übrig. Die anderen drei sind Alou Koul (der einzige mit mehr als einem Einsatz) und die beiden Torhüter Sebastian Hornung und Florian Schock, die in der Abwesenheit von Florian Müller und dem nach Frankfurt gewechselten Jens Grahl eingesprungen sind.
Insgesamt setzte Pellegrino Matarazzo also stolze 38 Spieler in den sieben Vorbereitungspartien ein, denn der neue Kapitän Wataru Ende (bei Olympia), sowie die verletzten Orel Mangala, Silas und Lilian Egloff blieben komplett ohne Einsatz.
In wie weit der zuletzt verpflichtete Moussa Cissé die Chance hat am Profikader zu schnuppern, muss sich zeigen. Insgesamt scheint der Kader jedoch trotz der vielen Ausfälle sehr groß zu sein, um allen ausreichende Spielpraxis zu geben.
Das System
Große Experimente hat Matarazzo nicht gemacht. Sein bevorzugtes System steht bereits seit geraumer Zeit: Eine Dreier-Abwehrkette, zwei hohe Außenverteidiger, zwei Sechser, zwei offensive zentrale Mittelfeldspieler und an vorderster Front ein Stürmer. In diesem Sommer ging es vor allem darum, die Neuzugänge einzubinden und das System je nach Spielsituation, Personal und Spielstand flexibel interpretieren zu können.
Die Torschützen
Die beiden besten Torschützen der Vorbereitung sind Hamadi Al Ghaddioui und Mohamed Sankoh mit jeweils 4 Treffern. Allerdings benötigte Al Ghaddioui nur 166 Spielminuten für seine 4 Tore, während Sankoh 33 Minuten mehr Spielzeit bekam. Die weiteren Goalgetter waren Philipp Förster (3 Tore), sowie Roberto Massimo und Pascal Stenzel mit jeweils 2 Toren. Immerhin einmal trafen Kuol, Coulibaly, Thommy, Ahamada und Klement. Ein Eigentor des FSV Hollenbach komplettiert die Auflistung.
Der derzeit medial sehr im Mittelpunkt stehende Stürmer Sasa Kalajdzic blieb torlos. Allerdings verpasste er weite Teile der Vorbereitung – erst aufgrund der Teilnahme an der EM und zuletzt aufgrund seiner Corona-Infektion. So kam er nur auf 65 Einsatzminuten und steuerte immerhin einen schönen Assist gegen Liverpool bei.
Die Startaufstellungen
Um möglichst viele Spieler zum Zug kommen zu lassen, hat Trainer Matarazzo in den beiden Halbzeiten eines Spiels häufig komplett unterschiedliche Mannschaften aufs Feld geschickt. Allein beim Test gegen Bielefeld kamen 26 Spieler zum Einsatz. Häufig war es jedoch so, dass die vermeintlichen Stammspieler auch von Beginn an gespielt haben. Die potentielle Startelf für das erste Pflichtspiel könnte sich also vor allem aus den Startaufstellungen der Vorbereitung zusammensetzen. Das Spiel gegen Innsbruck habe ich dabei ausgeklammert und es stattdessen wie die zweite Halbzeit des Liverpool-Spiels gewertet.
Auffällig ist, dass kein Spieler in allen 6 Partien von Beginn an gespielt hat. Matarazzo hat also durchaus verschiedene Konstellationen ausprobiert. Immerhin 5 Mal in der Startelf standen Philipp Förster und Marc Oliver Kempf, die zudem in allen 6 Spielen eingesetzt wurden. Auch Atakan Karazor, Roberto Massimo und Waldemar Anton spielten 5 Mal von Beginn an, pausierten im Gegensatz zu den zwei erstgenannten aber jeweils ein Spiel. Diese fünf erwarte ich auch am Samstag in der Startelf.
Mit jeweils 4 Startelf-Einsätzen folgen Fabian Bredlow, der die nominelle #1 Florian Müller meist mit Bravour vertreten hat und Philipp Klement. Klement scheint in Abwesenheit von Endo und Mangala den Platz neben Karazor auf der Doppel-6 erobert zu haben, zumal er auch einer von nur 4 Spielern ist, der in allen Testspielen eingesetzt wurde.
Die Einsatzzeiten
Die gesamte Vorbereitung war geprägt von vielen Ausfällen. Neben den bereits angesprochenen Langzeitverletzten Silas, Mangala und Egloff, verpassten auch Clinton Mola oder Naouirou Ahamada Teile der Vorbereitung. Bei Momo Cissé und Neuzugang Chris Führich gab es gar Knochenbrüche. Hinzu kommen die Abstellungen zu den Nationalteams bei der Europameisterschaft (Kalajdzic, Churlinov) und Olympia (Endo, Müller). Auch Klimowicz und Sosa sind erst später hinzugestoßen. Und nun hat auch noch das Coronavirus die VfB-Profis erreicht. Neben Kalajdzic sind auch Coulibaly und Nartey positiv getestet worden.
Dies sorgte unter dem Strich dafür, dass eine ganze Reihe etablierter Kräfte wenig bis gar keine Einsatzzeit bekommen konnte. Für viele Talente war die Vorbereitung somit eine Möglichkeit auf hohem Niveau vorzuspielen. Nikolas Nartey (245 Minuten), Luca Mack (224 Minuten) und Mohamed Sankoh (199 Minuten) erhielten wie auch Ömer Beyaz (193 Minuten) oder Hiroki Ito (179 Minuten) viel Spielzeit.
Die beiden Feldspieler mit den meisten Einsatzminuten waren ebenfalls zwei, die zuletzt keine Stammkräfte waren: Pascal Stenzel (361 Minuten, teilweise sogar Kapitän) und Philipp Klement (327 Minuten). Und während Klement wie bereits geschrieben sogar ein Startelf-Einsatz winkt, scheint Stenzel so etwas wie der ärgste Härtefall zu sein. Für die rechte Außenbahn scheint er nicht eingeplant zu sein (dafür denkt er wohl zu defensiv) und seinen Platz als rechter Innenverteidiger hat Dinos Mavropanos quasi sicher. Im Gegensatz zu Klement hat Stenzel nicht das „Glück“, dass die Konkurrenten auf seiner Position verletzt sind.
In der Einsatzzeit-Statistik folgen hinter diesen beiden Förster und Kempf (je 316 Minuten), Karazor (292 Minuten) und Massimo (276 Minuten). Der Vollständigkeit halber sei auch Bredlow hier genannt, der 346 Minuten das Tor hütete.
Die Altersstruktur
Der jüngste eingesetzte Spieler des Profikaders ist Mohamed Sankoh, der im Oktober 18 Jahre alt wird, dicht gefolgt von Ömer Beyaz, der Ende diesen Monats die Volljährigkeit erreicht. Insgesamt 9 Spieler haben das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet. Der älteste Spieler des Profikaders ist mit 31 Jahren Didavi, gefolgt von Al Ghaddioui mit 30 Jahren. Dies sind auch die einzigen beiden Ü30-Spieler.
Die älteste auf dem Papier mögliche Elf wäre mit 27,8 Jahren: Bredlow – Kempf, Anton, Mavropanos – Endo, Klement – Thommy, Didavi, Förster, Stenzel – Al Ghaddioui
Die jüngste mögliche Aufstellung mit 19,9 Jahren wäre: Müller – Mola, Ahamada, Meyer – Egloff, Beyaz, Momo Cissé, Churlinov, Massimo – Coulibaly, Sankoh
Im Schnitt ist der Profikader aktuell ca. 23,5 Jahre alt, also insgesamt ein sehr junges Team. Altersmäßig genau in der Mitte liegen Orel Mangala und Borna Sosa.
Die Startelf-Prognose für das Pokalspiel
In der Presserunde heute bestätigte Matarazzo den Ausfall von 12 Spielern für das Pokalspiel in Berlin. Verletzt: Silas, Ahamada, Momo Cissé, Mangala, Führich, Mola und Egloff. Corona-Infektion: Kalajdzic, Coulibaly und Nartey. Olympia: Endo. Noch nicht spielberechtigt: Beyaz.
Wer im Tor spielt, ließ der Trainer derweil offen. Ich gehe davon aus, dass Bredlow spielen wird. Erstens, weil er sich diesen Einsatz mit guten Leistungen in der Vorbereitung verdient hat. Zweitens, weil Müller durch Olympia erst vor Kurzem wieder zum Team gestoßen ist. Und Drittens, weil Bredlow auch in der vergangenen Saison im Pokal ran durfte.
Die Abwehr mit Anton (zentral), Kempf (links) und Mavropanos (rechts) sollte ebenfalls klar sein. Alles andere wäre eine große Überraschung.
Vor der Abwehr tippe ich wie gesagt auf Karazor und Klement, die in den Testspielen bereits mehrfach Endo und Mangala vertreten haben. Auf den Außen erwarte ich Sosa links und Massimo rechts, während im zentralen, offensiven Mittelfeld Didavi und Förster ihren Platz sicher haben sollten.
Eine Überraschung könnte uns auf der letzten vakanten Position im Sturm erwarten. Da sowohl Kalajdzic, als auch Silas und Coulibaly fehlen, bleiben noch die beiden besten Torschützen Al Ghaddioui und Sankoh. Ich glaube, die Chancen stehen nicht schlecht, dass Sankoh hier seinen Einsatz bekommen wird!
Bredlow – Kempf, Anton, Macropanos – Sosa, Klement, Karazor, Massimo – Didavi, Förster – Sankoh/Al Ghaddioui
In den beiden wohl repräsentativsten Testspielen gegen Liverpool und Bielefeld sah die Startelf übrigens sehr ähnlich aus. Lediglich im Sturm spielte beide Male Kalajdzic. Dies ist die einzige Anfangsformation, die mehr als einmal aufs Feld geschickt wurde. Es ist daher wahrscheinlich, das Matarazzo hieran so wenige Änderungen wir möglich vornehmen wird.