Allgemein

Versperrte Tore

 Bochum ringt den VfB nieder. (Foto: Imago/Goal Sports Images)

Gegen 17:20 Uhr enden die Bundesligapartien am Samstagnachmittag gewöhnlich. In Bochum beginnt das Spiel um diese Zeit erst so richtig. Schuld daran ist eine äußerst statische und niveauarme erste Hälfte, gefolgt von einer rund 45-minütigen Halbzeitpause, in der Vertreter des Commando Cannstatt mit dem Bochumer Ordnungsamt, der Feuerwehr und Verantwortlichen des Heimvereins über die Position der großen Zaunfahne vor dem Auswärtsblock verhandeln.

Letzten Endes darf das Banner zwar hängenbleiben, der VfL kommt aber wacher aus der langen Unterbrechung und nutzt in der 50. Minute einen Fehlpass von Angelo Stiller zum Tor des Tages. Der VfB verliert zum zweiten Mal in dieser Saison zwei Spiele hintereinander. Mehr Anlass zur Sorge gibt allerdings die Planlosigkeit, mit der die Gäste die verbleibende Spielzeit anrennen. Von der Effizienz und Leichtigkeit des Saisonstarts ist die Hoeneß-Elf zurzeit weit entfernt.

Wo ist die Struktur geblieben?

Letzte Woche dominierte der VfB das Spiel in Gladbach, konnte aber keine Durchschlagskraft entwickeln. In Bochum fehlt den Schwaben nun auch die Spielkontrolle. Das Team von Thomas Letsch erstickt zunächst jeden Spielfluss mit einer Manndeckung über den ganzen Platz. Auch nach der Pause zwingen die Gastgeber dem VfB ihr Spiel auf: je wilder und ruppiger desto besser.

Dass der VfB individuell besser besetzt ist, steht wohl außer Frage. Auf dem Platz ist davon jedoch wenig zu sehen. In keiner Phase strahlt die Offensive echte Gefahr aus. Torchancen entspringen eher dem Zufall als einem überzeugenden Plan. Die meisten Angriffe laufen über Führichs linke Seite, die wenigen brauchbaren Hereingaben kann im Strafraum aber niemand verwerten.

Sebastian Hoeneß dürfte mit seiner Auffassung, dass „wir über 90 Minuten viele Dinge richtig gemacht haben“, ziemlich allein dastehen. Fabian Wohlgemuth kommentiert: „Wir haben es (nach dem Rückstand) mit allem versucht, was wir hatten“. Dann muss sich der Sportdirektor allerdings fragen, ob der Kader gerade in der Offensive ausreichend bestückt ist.  

Kollektive Formdelle

Chris Führich und Deniz Undav sind die einzigen, die am Samstag in Ansätzen zu gefallen wissen. Der Neu-Nationalspieler versucht unermüdlich gegen zwei oder drei Gegenspieler Unruhe zu stiften, während der Stürmer noch die meiste Torgefahr ausstrahlt. Jamie Leweling beweist dagegen einmal mehr, dass ihm im Abschluss die Ruhe fehlt. Trotz seines hohen Aufwands gelingt dem Leihspieler kaum etwas. Viele Fans fragen sich, warum Milosevic und Paula nicht zeigen dürfen, was sie draufhaben. Befreit vom Druck des Abstiegskampfes sollten die Talente doch Chancen bekommen, oder?

Atakan Karazor verheddert sich. (Foto: dpa/David Inderlied)

Die Zentrale mit Karazor, Stiller und Millot kann das Spiel zu keinem Zeitpunkt kontrollieren und den Rhythmus bestimmen. Nach inzwischen zwei Niederlagen nach der Weihnachtspause muss man konstatieren, dass einige Leistungsträger auf der Suche nach ihrer Form sind. Wenn gleich alle drei Mittelfeldspieler einen schlechten Tag erwischen und auf der Bank keine echten Alternativen sitzen, verlierst du eben gegen eine diszipliniert verteidigende Truppe wie den VfL Bochum.

Runter von Wolke sieben

Das Spiel in Bochum ist nichts für Feinschmecker. Das Hin und Her mit der Zaunfahne sei interessanter gewesen als die gesamte erste Hälfte, frotzeln manche. Und doch bleiben einige Fragen: Warum erlauben die Sicherheitskräfte vor Spielbeginn das Anbringen eines aus ihrer Sicht regelwidrig platzierten Banners? Und warum kommen sie erst nach einer Dreiviertelstunde auf die Idee zu prüfen, ob sich die Fluchttore mit den Bannern öffnen lassen?

Nach den Festtagen gegen Dortmund und Leverkusen, den 11 Siegen der Hinrunde und den zeitweise dominanten Auftritten ist an der Mercedesstraße wieder der Alltag eingekehrt. Das vermeintlich leichte Auftaktprogramm könnte sich in der Rückrunde als Stimmungskiller entpuppen. Nächste Woche müssen die Weiß-Roten deutlich zulegen, wenn sie gegen Leipzig bestehen wollen. Die Woche darauf reist man zum formstarken Euro-League Teilnehmer aus Freiburg, der aus den letzten 6 Spielen 13 Punkte geholt hat. Zum ersten Mal in dieser Saison geht die Mannschaft von Sebastian Hoeneß durch ein größeres Leistungstal. Doch so viel sollte der VfB aus dem misslungenen Ausflug an die Castroper Straße gelernt haben: Versperrte Tore muss man öffnen.

VfL Bochum – VfB Stuttgart 1:0

Zum Weiterlesen:

Wurm drin – Rund um den Brustring

Mein erstes Spiel im Stadion: 1980 VfB – HSV 3:2 (Tore: Müller, Kelsch, Allgöwer) Mein schönstes Stadionerlebnis: 1991 VfB – BVB 7:0 (Allgöwer 2, Sverrisson 3, Walter 2) Meine erste Auswärtsfahrt: 1991 BVB – VfB 0:0 Emotionalster Erfolg: 1992 Deutscher Meister, letzter Spieltag B04 – VfB 1:2 (Tore: Walter, Buchwald) Lieblingsspieler: Helmut Roleder, Asgeir Sigurvinsson

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.