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Kopf an Kopf

Der Abstiegskrimi endet mit einem heftigen Unfall. Fabian Klos und sein Mannschaftskollege Alessandro Schöpf springen im Mittelfeld energisch zum Kopfball hoch und stoßen in der Luft zusammen. Klos bleibt liegen und hält sich das Gesicht.  

Sasa Kalajdzic eilt dem verletzten Fabian Klos zu Hilfe. (Foto: Pressefoto Baumann/Julia Rahn)

Der unglückliche Zusammenprall steht sinnbildlich für eine Partie, in der viel gekämpft und wenig gespielt wird. Kein Wunder, immerhin brauchen beide Teams dringend die Punkte, dürfen aber gleichzeitig auf keinen Fall verlieren. In VfB-Kreisen spricht man seit Monaten von einem Must-Win-Game.

Nach Abpfiff gehen die Köpfe bei den Weiß-Roten nach unten: Insgesamt nur ein Pünktchen und ein verwandelter Handelfmeter aus zwei Duellen gegen die biedere Arminia ist viel zu wenig.  

G-Klasse-Syndrom

Einer wie Orel Mangala fehlt dem VfB in der ersten Hälfte, um das Spiel zu beruhigen und ihm Struktur zu geben. Während der Pause kann man das noch relativ gelassen analysieren, denn die Brustringträger führen mit 1:0 und haben kurz vor dem Halbzeitpfiff noch die Riesenchance zum 2:0 durch Marmoush. Aus ähnlicher Position hat der Ägypter in der Hinrunde gegen die Hertha noch eiskalt verwandelt, diesmal zielt er knapp am langen Pfosten vorbei.

Der belgische Neu-Nationalspieler muss dagegen bis zur 70. Minute auf seine Einwechslung warten. In der Schlussphase läuft das Spiel dann weitgehend an ihm vorbei – oder besser gesagt: fliegt über seinen Kopf hinweg. Die letzten Wochen sind für den Anführer der französischsprachigen Fraktion im Kader nicht besonders gut gelaufen.

Endo spielt konstanter, Karazor kommuniziert besser mit den Mitspielern und Führich strahlt mehr Torgefahr aus. In Matarazzos Dreiermittelfeld ist für den jungen Mann, der sich in den sozialen Medien gerne „Mangality“ nennt, plötzlich kein Platz mehr.

Zu allem Überfluss sorgt der beim RSC Anderlecht ausgebildete 24-Jährige in der Länderspielpause mit einem Interview für Verwunderung. Bei „europäischen Spitzenklubs“ stehe er auf dem Zettel, aber eine Ablöseforderung von mehr als 20 Millionen sei unrealistisch. Dem Klub aus Cannstatt fühlt er sich offenbar entwachsen, kann seine gute Vorsaison aber gleichzeitig nicht bestätigen. Wir kennen dieses Syndrom aus Stuttgart: G-Klasse versucht, sich in eine enge Parklücke zu zwängen.    

Vier Gruppen

Nach dem Trainingslager in Marbella habe ich vier Gruppen von Spielern im quantitativ üppig besetzten VfB-Kader identifiziert und dafür einigen Widerspruch geerntet: Die Führungsachse, die Leistungsträger, die Ergänzungsspieler und die Statisten. In Bielefeld zeigt sich einmal mehr, dass der Trainer im Abstiegskampf nur noch auf 13 bis 14 Spieler setzt.  

Das führt dazu, dass einem Kalajdzic in der Schlussphase kein Pass mehr gelingen will, die Alternative auf der Bank aber Coulibaly heißt. Wahid Faghir hat wieder einmal unfreiwillig spielfrei. Tiago Tomás hadert ab der 54. Minute mit seinem Fehlschuss aus bester Position, doch den Wechselkandidaten Beyaz, Millot und Thommy traut Matarazzo offensichtlich keine Impulse zu.

Ich bleibe dabei: Der VfB kann nur die Klasse halten, wenn die Stammspieler an ihre Leistungsgrenze kommen und nicht ausfallen. In Bielefeld holt sich Abwehrchef Anton seine fünfte gelbe Karte und Kapitän Endo verliert ungewohnt viele Bälle. Auch Stenzel, Führich und Marmoush haben schon wesentlich bessere Spiele im Brustring gemacht.  

Restprogramm

Sechs Spiele stehen noch aus und im Tabellenkeller liefern sich vier Mannschaften ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Der FC Augsburg hat noch ein Nachholspiel und das leichteste Restprogramm. In den Heimspielen gegen Wolfsburg, Mainz, Hertha, Köln und Fürth kann sich das Team von Markus Weinzierl aus eigener Kraft retten. Selbst die vom Windhorst verwehte Hertha wird aus den Spielen gegen Augsburg (A), Stuttgart (H), Bielefeld (A) und Mainz (H) wohl noch einige Punkte einfahren.

Auf den VfB und die Arminia warten statistisch gesehen die schwierigsten Aufgaben. Für die Jungs aus Cannstatt geht es eine Woche vor dem großen Saison-Showdown in die Allianz-Arena. Bis dahin sollte man mindestens 33 Punkte auf dem Konto haben.

Wir vernehmen immer wieder, dass der VfB allein wegen seiner Fans, aber auch wegen seiner Spielweise in die Bundesliga gehört. In der Endabrechung wird uns solches Lob allerdings nicht weiterhelfen. Dass es Wichtigeres gibt als Tabellenplätze und Punkte, daran erinnert uns Sasa Kalajdzic, als er mit seinem Einsatz als Aushilfssanitäter für die Szene des Spiels sorgt. Gute Besserung, Fabian Klos!

DSC Arminia Bielefeld – VfB Stuttgart 1:1

Mein erstes Spiel im Stadion: 1980 VfB – HSV 3:2 (Tore: Müller, Kelsch, Allgöwer) Mein schönstes Stadionerlebnis: 1991 VfB – BVB 7:0 (Allgöwer 2, Sverrisson 3, Walter 2) Meine erste Auswärtsfahrt: 1991 BVB – VfB 0:0 Emotionalster Erfolg: 1992 Deutscher Meister, letzter Spieltag B04 – VfB 1:2 (Tore: Walter, Buchwald) Lieblingsspieler: Helmut Roleder, Asgeir Sigurvinsson

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