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Die Macht der Mitglieder

Eingang zur Zentrale der Deutschen Fußball Liga GmbH in Frankfurt. (Foto: Imago images via kicker.de)

Am 11. Dezember 2023 ist die Anspannung in der DFL-Zentrale in Frankfurt am Main mit Händen zu greifen. Die Vertreter der 36 Klubs der 1. und 2. Liga treffen sich erneut, um über den überarbeiteten Vorschlag der DFL-Geschäftsführung zum Einstieg in konkrete Verhandlungen mit strategischen Vermarktungspartnern abzustimmen.

Die Befürworter des Investoren-Modells sind nervös, schließlich ist der erste Versuch im Mai gescheitert. Mehrere Probeabstimmungen werden durchgeführt: 24 Ja-Stimmen. Das würde haarscharf zur erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit reichen. Das Problem: Es sind Stimmen dabei, die eigentlich nicht dabei sein dürften. Einige Stammvereine haben ihre Vertreter nämlich ausdrücklich angewiesen, mit „Nein“ zu stimmen. Unruhe, Diskussionen – dann die rettende Idee: Wenn man geheim abstimmen lässt, ist hinterher keinem etwas nachzuweisen.

Februar 2024. Schokotaler, Tennisbälle, drohende Spielabbrüche. Der Dampfplauderer mit den lila Socken fragt: Ist die Macht der Ultras zu groß?

Oder rächt es sich nun, dass die Mitglieder der Vereine bei der Entscheidung nicht ausreichend beteiligt wurden? Für die geht es nämlich nicht nur um ein fragwürdiges Beteiligungsmodell bei der Vermarktung, sondern um das Prinzip 50+1 als solches. Wichtige Entscheidungen dürfen demnach nicht von Investoren oder windigen Klubbesitzern getroffen werden, sondern von gewählten Repräsentanten der Vereine. Im Falle des VfB Stuttgart also vom Präsidium, das im Vorfeld der DFL-Sitzung kontrovers (und ergebnislos) mit dem Fanausschuss diskutiert hat.

Der Rest der inzwischen über 90 000 Mitglieder befindet sich nur in der Zuschauerrolle. Ob Alexander Wehrle bei der DFL also im Sinne des Stammvereins abgestimmt hat, interessiert in der Mercedesstraße offensichtlich niemanden.

Ähnliche Entwicklungen könnten sich nach dem Porsche-Einstieg auch im Aufsichtsrat der VfB AG vollziehen.

Obwohl in der Satzung des Vereins die Regel 75+1 festgeschrieben ist, kursieren Gerüchte, dass der Präsident den Aufsichtsratsvorsitz abgeben könnte. Warnende Worte dazu kommen bereits vom Commando Cannstatt, das die vom Verein entsandten Aufsichtsrätinnen und Aufsichtsräte in die Pflicht nimmt.

Ich höre die ersten aufstöhnen: Schon wieder die Ultras! Der Punkt ist aber ein anderer: Die Vereinsmitglieder jenseits der organisierten Fanszene müssen lernen, sich selbst besser zu artikulieren, wenn sie auch in Zukunft mitreden wollen. Erste Ansprechpartner sind dabei die Gremienmitglieder, die das Mandat haben, unsere Interessen zu vertreten.

Präsident Claus Vogt fordert eine neuerliche Abstimmung bei der DFL zur Wahrung der demokratischen Legitimation – völlig zurecht. Ich fordere aus dem gleichen Grund vor wegweisenden Entscheidungen eine Abstimmung der Vereinsführung mit den Mitgliedern. Der angekündigte „Dunkelrote Tisch“ ist da ein erster Schritt. Statt über die Macht der Ultras zu schimpfen, sollten wir die Macht der Mitglieder wirken lassen.

Mein erstes Spiel im Stadion: 1980 VfB – HSV 3:2 (Tore: Müller, Kelsch, Allgöwer) Mein schönstes Stadionerlebnis: 1991 VfB – BVB 7:0 (Allgöwer 2, Sverrisson 3, Walter 2) Meine erste Auswärtsfahrt: 1991 BVB – VfB 0:0 Emotionalster Erfolg: 1992 Deutscher Meister, letzter Spieltag B04 – VfB 1:2 (Tore: Walter, Buchwald) Lieblingsspieler: Helmut Roleder, Asgeir Sigurvinsson

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