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Der nächste Schritt

Was für ein Schuss! Guirassy feiert den Torschützen Führich. (Foto: twitter.com/@StuttgartZone)

Gute Laune und der VfB – das passte in den vergangenen Jahren oft nicht zusammen. Doch diese dunklen Zeiten sind vorbei. Zum Start ins Frühlingswochenende sieht man am frühen Freitagabend viele strahlende Gesichter. Auf den Bahnhöfen, in den Kneipen und auf den Straßen rund ums Stadion liegt ein Hauch von Euphorie in der Luft. Die Gespräche drehen sich um denkwürdige Auswärtsfahrten, den neuen Champions-League-Modus und natürlich um die Nachricht des Tages: die Vertragsverlängerung des Erfolgstrainers.

Der Gast aus Berlin flößt keinem mehr Angst ein. Dass die Köpenicker letzte Saison die Liga rockten und in die Champions-League einzogen? Dass sie mit ihrer unangenehmen Spielweise jeden Gegner nerven? Geschenkt. Die Zeiten haben sich geändert. Jetzt schwimmt der Klub aus Cannstatt auf der Erfolgswelle. Zumindest sportlich, denn in den Gremien schwelt ein Konflikt, der den Profifußball am Standort dauerhaft verändern könnte.

Zwei Geistesblitze

Da Kapitän Anton aufgrund einer Oberschenkelverletzung unter der Woche kaum trainieren konnte, muss Sebastian Hoeneß seine Abwehr umbauen. Stenzel, Rouault, Ito, Mittelstädt – in dieser Besetzung hat die Viererkette noch nie zusammengespielt. Auch der 14-fache Torschütze Undav bleibt zunächst auf der Bank. In der offensiven Dreierreihe hinter Guirassy dürfen dafür Vagnoman, Millot und Führich beginnen.

In der Anfangsphase entwickelt sich das erwartet zähe Spiel gegen einen gut organisierten Gegner. Der VfB übernimmt zwar wie gewohnt die Kontrolle, die besseren Torchancen haben aber zunächst die Gäste: Vertessen (3.) kann die Abstimmungsprobleme zwischen Stenzel und Rouault nicht nutzen, Nübel macht seinen Fehler im Spielaufbau gegen den Schuss von Schäfer wieder wett (16.).

Guirassy verwandelt Karazors Traumpass zum 1:0. (Foto: vfb.de)

Anders die Weiß-Roten: Karazor steckt präzise zu Guirassy durch, der Rönnow aus 14 Metern nicht den Hauch einer Chance lässt (19.). Wenn der VfB sein Kombinationsspiel in Torabschlüsse münden lässt und seine individuelle Qualität ausspielt, ist er kaum zu verteidigen. Eine weitere Kostprobe liefert der ansonsten oft unkonzentrierte Chris Führich in der 65. Minute: Ballannahme, andribbeln, überlegter Abschluss in die lange Ecke.

Damit ist die Geschichte des Spiels eigentlich schon erzählt. Union hält gut dagegen und kommt auch immer wieder gefährlich vors Stuttgarter Tor, zeigt sich im Abschluss aber zu harmlos. Die Datenspezialisten pfiffen es bereits im Vorfeld der Partie von den Dächern: Das Team von Nenad Bjelica tut sich schwer mit dem Toreschießen und kann auswärts selten punkten.

Käptn Karazor

Vor knapp zwei Jahren stand zur Diskussion, ob Atakan Karazor überhaupt noch einmal für den Brustring auflaufen kann. Die Untersuchungshaft auf Ibiza und die sportlichen Krisen der Vorsaison konnten den Mittelfeldstabilisator der Schwaben aber nicht davon abhalten, sich fußballerisch weiterzuentwickeln und seine Stellung im Team zu verbessern. Ata ist ein echter Leader. Einer, der immer gewinnen will, und alles für den Erfolg gibt. Er ist nach dem Ausfall von Anton völlig zurecht erste Wahl als Ersatzkapitän, der seine Leistung mit einer Torvorlage aus der Kategorie Zuckerpass krönt.

Einer der Besten auf dem Platz: Atakan Karazor. (Foto: Pressefoto Baumann/Alexander Keppler)

Kaum ein Abwehrspieler lässt sein Gewerk so leicht aussehen wie Hiroki Ito. Statt zu zerren, zu rempeln und zu grätschen bevorzugt der japanische Auswahlspieler die feine Klinge. Kluges Stellungsspiel und geschicktes Zweikampfverhalten sind auch im Spiel gegen Union seine Trümpfe. Ito ist unser Feingeist unter den Verteidigern.

Schlechte Nachrichten kommen dagegen von Anthony Rouault. In der ersten Hälfte verletzt er sich im Gesicht und muss zur Pause ausgewechselt werden. Die Diagnose am Samstag: Kieferbruch. Der 21-jährige Franzose spielte wegen eines Nasenbeinbruchs sowieso schon mit Gesichtsmaske. Nach Zagadou fällt damit schon der zweite Innenverteidiger für längere Zeit aus. Neben Anton und Ito können auf dieser Position Stergiou, Karazor oder das japanische Nachwuchstalent Anrie Chase spielen. Hirokis Landsmann stand schon in den vergangenen Wochen häufiger im Kader des Profiteams.

Habt ihr uns verkauft?

Kaum hat der neue Investor die erste Tranche überwiesen, ist der Name des stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden der Porsche AG schon im Stadion präsent. Aber sicher nicht in der Weise, wie es dem Sportwagenhersteller aus Zuffenhausen lieb wäre.

Die VfB-Ultras haben zum Thema Aufsichtsratsvorsitz eine klare Meinung. (Foto: cc97.de)

Während die Vereinsmitglieder das Gebaren der Investoren nicht sanktionieren können, fordern sie vom Präsidium zurecht die längst fällige Stellungnahme zu den kursierenden Gerüchten. Haben die drei Präsidiums- und Aufsichtsratsmitglieder den Vorsitz des Kontrollgremiums zur Verhandlungsmasse beim Porsche-Einstieg gemacht? Tragen die gewählten Gremienvertreter womöglich selbst dazu bei, den Einfluss des Vereins auf die ausgegliederte Fußball AG zu beschneiden?

Schon länger ist bekannt, dass im Präsidium unterschiedliche Sichtweisen auf ziemlich grundsätzliche Fragestellungen vorherrschen. Auch darauf, auf welche Weise der Verein seine Belange in der AG geltend machen soll, und wie viel Einfluss man den Mitgliedern zugesteht. Vogt, Adrion und Riethmüller müssen erklären, ob sie überhaupt noch bereit und in der Lage sind, die Mitgliederinteressen zu vertreten. 50-plus-1 ist kein wohlfeiles Label, das man sich anheften kann, wenn es gerade opportun erscheint.

Sinsheim, wir kommen!

Die sportliche Leitung wird sich über solche Themen derzeit nicht den Kopf zerbrechen. In den neun verbleibenden Spielen will man seinen Vorsprung auf Platz 5 unbedingt verteidigen. Der glanzlose Dreier gegen Union baut die laufende Erfolgsserie auf 6 Siege aus den letzten 7 Spielen aus. Der nächste Schritt führt in den Kraichgau, wo die Schwaben Heimspielatmosphäre, ein Wiedersehen mit dem Ex-Trainer und eine offene Rechnung aus dem Hinspiel erwarten. Demut hin, Demut her: Alles andere als ein Sieg gegen den ungeliebten Nachbarn wäre eine Enttäuschung.

VfB Stuttgart – FC Union Berlin 2:0

Zum Weiterlesen:

“Der dritte Wettbewerb” kann nur Champions League heißen (vertikalpass.de)

Mein erstes Spiel im Stadion: 1980 VfB – HSV 3:2 (Tore: Müller, Kelsch, Allgöwer) Mein schönstes Stadionerlebnis: 1991 VfB – BVB 7:0 (Allgöwer 2, Sverrisson 3, Walter 2) Meine erste Auswärtsfahrt: 1991 BVB – VfB 0:0 Emotionalster Erfolg: 1992 Deutscher Meister, letzter Spieltag B04 – VfB 1:2 (Tore: Walter, Buchwald) Lieblingsspieler: Helmut Roleder, Asgeir Sigurvinsson

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