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Nur ein VfB?

Zum Lachen dürfte den drei Herren vor der heutigen Aufsichtsratssitzung nicht mehr zumute sein. (Pressefoto Baumann/Hansjürgen Britsch)

Wie ist das eigentlich, wenn man als gewählter Vereinsvertreter zu einer Aufsichtsratssitzung geht? Bildet man da vorher einen Kreis und schwört sich nochmal ein? Ein Hoch auf das Amt, ein Hoch auf die Mitglieder, die wir vertreten.

Im Grunde ist doch genau das eure Aufgabe: Der Verein hat euch in den Aufsichtsrat entsandt, um dort im Auftrag der Mitglieder die ausgegliederte Profifußball-AG zu beaufsichtigen.

Unglücklicherweise ist das der einzige Einfluss, den der Stammverein noch auf das Bundesligageschäft hat.

Wenn die Mitglieder im Juni 2017 nicht das Gratis-Trikot vor Augen gehabt hätten, sondern den Verlust an Einfluss und Mitbestimmung, womöglich hätten sie der Ausgliederung den Riegel vorgeschoben.

Sicher kann man da aber nicht sein. Immerhin gibt es auch jetzt noch Leute, die fordern, dass „Profis“ das komplexe Bundesliga-Business erledigen sollen. Solche, die professionell die Wahrheit beugen, einen saudischen Staatsfond als Investor akquirieren oder einen Wettanbieter auf die Brust zaubern? Echte Profis eben.

Wie bei der Weltmarke Porsche. Der neue Anteilseigner stellt schon Bedingungen, bevor er dem Aufsichtsrat offiziell überhaupt angehört.

Das erinnert mich an den Bauunternehmer im Dorfverein, der den Kunstrasenplatz nur finanziert, wenn sein Maximilian künftig Mittelstürmer spielen darf. Wer die Musik bezahlt, bestimmt, was gespielt wird.

Porsche will also einen „Neuanfang im Aufsichtsrat“. Der Präsident habe laut Medienberichten schon zugestimmt, dass künftig ein anderer dem Gremium vorsitzen soll. Aber darf er das überhaupt? Immerhin wurde er von den Mitgliedern als ihr oberster Vertreter gewählt. Ihr wisst schon, von den Mitgliedern, die mit der Ausgliederung einen großen Teil ihres Einflusses sowieso schon verloren haben.

„Idealerweise“ soll der neue Aufsichtsratsvorsitzende „aus dem Kreis der vom e. V. entsandten Aufsichtsratsmitgliedern stammen“.

Das diktiert ein Porsche-Sprecher der Presse in die Blöcke. Offensichtlich hat ihnen jemand gesteckt, dass eine Fußball AG nicht wie ein normales Wirtschaftsunternehmen funktioniert: 50-plus-1, die Mitglieder des Stammvereins müssen die Kontrolle über die ausgegliederte Kapitalgesellschaft behalten.

Theoretisch zumindest. Denn praktisch weiß ja niemand, wie sich die vom Verein entsandten Aufsichtsrätinnen und -räte positionieren. Einer hat sich sogar schon öffentlich dafür ausgesprochen, dass Profis das Aufsichtsgremium führen sollen – und nicht der demokratisch legitimierte Präsident. Hat er da in seiner Funktion als Vertreter der Mitgliederinteressen gesprochen?

Nach den Protesten ist vor den Protesten.

Das Aufatmen nach der Aufgabe der Investorenpläne seitens der DFL währt nur kurz. Jetzt empören wir uns nicht mehr über Martin Kind, der die Weisung seines Stammvereins dreist ignoriert, sondern über unser eigenes Präsidium, das Mitgliederinteressen verhökern will.  

Der Schaden für den VfB ist enorm. Den Claim „Es gibt nur einen VfB“ könnt ihr getrost wieder einrollen. Auch der PR-Knaller „Württembergisches Weltmarkenbündnis“ wirkt ziemlich angekratzt. Die Inkontinenz der Gremien, die in den letzten Tagen in so manchen Zeitungsartikel mündete, ist ein wohlbekannter Befund. Irgendwann kommen wir da um eine Operation nicht mehr herum. Sie wird auf einer Mitgliederversammlung stattfinden.  

Zum Weiterlesen:

Die Geister, die ich rief – Rund um den Brustring   

Mein erstes Spiel im Stadion: 1980 VfB – HSV 3:2 (Tore: Müller, Kelsch, Allgöwer) Mein schönstes Stadionerlebnis: 1991 VfB – BVB 7:0 (Allgöwer 2, Sverrisson 3, Walter 2) Meine erste Auswärtsfahrt: 1991 BVB – VfB 0:0 Emotionalster Erfolg: 1992 Deutscher Meister, letzter Spieltag B04 – VfB 1:2 (Tore: Walter, Buchwald) Lieblingsspieler: Helmut Roleder, Asgeir Sigurvinsson

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