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Willkommen in der Bundesliga

Im Vorfeld der Saison prophezeite Sven Mislintat, dass die Spielweise in der Bundesliga unseren schnellen Spielern entgegenkommen dürfte. Er rechne mit weniger Ballbesitz, dafür mit mehr Räumen. Das erste Saisonspiel zeigt jedoch vor allem zwei andere Merkmale der höchsten deutschen Spielklasse: Fehler werden gnadenlos bestraft und bei gegnerischen Standards musst du hellwach sein. Sonst liegt man – trotz über weite Strecken überlegen geführtem Spiel – nach 48 Minuten schnell mal 0:3 hinten. Oder wie Daniel Didavi nach dem Spiel mit wissendem Lächeln vor den ARD-Mikrofonen konstatierte:

„Wir haben heute im Schnelldurchlauf perfekt für unsere junge Mannschaft gesehen, was Bundesliga ist.“

Nach der ambitionierten Drittligamannschaft aus Rostock sind die Südbadener für unsere Bundesliga-Greenhorns ein guter Gradmesser. Ihre Kompaktheit, Zweikampfintensität und gnadenlose Effizienz vor dem Tor machen deutlich, was viele noch nicht wahrhaben wollen: Gestern spielte nicht der große VfB gegen Streichs Underdogs aus dem Schwarzwald, sondern ein blauäugiger Aufsteiger gegen einen gestandenen Bundesligisten. Der SC Freiburg hat uns nicht nur schon lange in punkto seriöses Wirtschaften abgehängt, sondern bringt auch Jahr für Jahr eine unangenehm zu bespielende Mannschaft an den Start, gegen die sich schon ganz andere Kaliber schwer taten.

Zwei Chancen, zwei Tore – und das nach einer knappen halben Stunde. Cleverer kannst du es kaum spielen. Beim 0:1 machen die Freiburger an der rechten Seitenlinie zuerst ein „Eckle“ auf, bevor Sallai die einzige Spitze Petersen mit einer Flanke in Abschlussposition bringt. Vor dem zweiten Treffer läuft Petersen an den kurzen Pfosten, um die flache Hereingabe mit der Hacke Richtung langes Eck zu verlängern, Sallai staubt ab. Ein Freistoß vom Reißbrett. Und der VfB? Kombiniert sich gefällig durchs Mittelfeld, hat mehr Spielanteile und gewinnt mehr Zweikämpfe, aber eben nicht die entscheidenden.

Das überlegt herausgespielte dritte Tor kurz nach Wiederanpfiff scheint bereits der K.O. für Matarazzos junge Truppe zu sein. Ein Teil der 8000 Zuschauer beginnt zu pfeifen (wie pfeift man eigentlich mit korrekt getragenem Mund-Nasen-Schutz?), kurz danach muss der Kapitän von Bord. Ein klassischer Fehlstart liegt in der Luft. Umso höher muss man es der Mannschaft anrechnen, dass sie ihr Herz in der Folge noch einmal in die Hand nimmt und den zuvor so abgezockten Gegner bis in die sechste Minute der Nachspielzeit ganz schön ins Schwimmen bringt. Phillip Klement und Sasa Kalajdzic heißen zwei der Hauptdarsteller der spannenden Schlussphase. Was wohl nicht nur mich zu der Frage führt: Warum erst so spät?

Womit wir bei Teto Klimovicz wären. Dem jungen Argentinier möchte ich keinen großen Vorwurf machen, dass er gegen Heintz und Lienhart keinen Stich machte, aber sieht denn keiner auf der mit Trainern voll besetzten VfB-Bank, dass der Plan mit Klimovicz als falsche Neun überhaupt nicht aufging? Klement tat nach seiner Einwechslung das, was man eigentlich von einem Kapitän erwartet: Er riss das Spiel an sich und gab wichtige Impulse. Und Sasa besetzte mit seiner körperlichen Präsenz endlich das Angriffszentrum, das zuvor über eine Stunde verwaist geblieben war. Zwei Tore und endlich der nötige Druck auf die SC-Abwehr waren das Ergebnis. Hätte Neuzugang Florian Müller im Freiburger Tor nicht einen exzellenten Tag erwischt und Benjamin Cortus bei Handspiel und Klammern im Strafraum die Linie der vergangenen Saison verfolgt, wäre mindestens der Ausgleich drin gewesen.

Am Ende liefert das Spiel jedem die Argumente, die er sehen will. Die Kritiker verweisen auf das naive Abwehrverhalten bei den drei Gegentoren nebst zwei Abseitstoren und auf die erneut aufkommende Führungsfrage (drei Kapitäne in einem Spiel). Die Unterstützer des konsequenten Jugendstils heben die Moral, die guten spielerischen Ansätze und die starke Leistung der Nachwuchshoffnungen Wamangituka und Massimo hervor. Die Erfahrung lehrt allerdings, dass der Schritt von gut gespielt, die Punkte aber unglücklich liegen gelassen bis zu einem Bundesligadreier kein kleiner ist. Und ich will mir gar nicht ausmalen, was passiert, wenn die Mannschaft mal schlecht spielt.

VfB – SC Freiburg 2:3

Mein erstes Spiel im Stadion: 1980 VfB – HSV 3:2 (Tore: Müller, Kelsch, Allgöwer) Mein schönstes Stadionerlebnis: 1991 VfB – BVB 7:0 (Allgöwer 2, Sverrisson 3, Walter 2) Meine erste Auswärtsfahrt: 1991 BVB – VfB 0:0 Emotionalster Erfolg: 1992 Deutscher Meister, letzter Spieltag B04 – VfB 1:2 (Tore: Walter, Buchwald) Lieblingsspieler: Helmut Roleder, Asgeir Sigurvinsson

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