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Noch keine Abwehr aus Granit

Maxim Leitsch erzielt in der Nachspielzeit den Ausgleich. (Foto: IMAGO/Sven Simon)

Cannstatt vibriert. Die in weiß gekleidete Menge strahlt die Leichtigkeit des Spätsommers und den Optimismus der jüngsten VfB-Erfolge aus. Viele reden über Real Madrid, kaum jemand über Mainz 05. Alles andere als ein Sieg im ersten Heimspiel der mit großer Vorfreude erwarteten Saison wäre eine Enttäuschung.

Die erste Überraschung des Tages beschert die Aufstellung: Neuzugang Demirovic sitzt zunächst nur auf der Bank. Dafür spielen die zuletzt formschwachen Undav und Leweling. An der Seite von Führich und Millot wechseln sie in der Angriffsreihe immer wieder die Positionen. Der einstige Hoffnungsträger und Publikumsliebling Silas steht noch nicht einmal im Kader. Das Duell mit den seit März ungeschlagenen Mainzern hält dann weitere Überraschungen bereit – leider eher unangenehme.

Auf Blitzstart folgt Kontrollverlust

Wie schon in Freiburg startet der VfB dominant in die Partie. Nach 20 Minuten sind die Gäste mit dem 2:0 durch Millot (8.) und Leweling (15.) noch gut bedient. Undav (3. und 4.), Stenzel (10.) und noch einmal Millot (13.) hätten die Partie früh entscheiden können. Nach der Trinkpause folgt allerdings wieder ein Bruch. Warum lässt die Hoeneß-Elf nach einer starken Anfangsphase die Zügel schleifen?

Jamie Leweling trifft in Guirassy-Manier zum 2:0. (Foto: IMAGO/Sven Simon)

Die Mainzer kommen nach und nach besser ins Spiel und noch vor der Halbzeitpause zum glücklichen Anschlusstreffer. Millot soll Burkhardt beim Herauslaufen aus dem Strafraum zu Fall gebracht haben. Seismografen versuchen bis zur Stunde mit hochsensiblen Geräten den Kontakt nachzuweisen. Amiri ist es egal: Die Leverkusen-Leihgabe verwandelt sicher.

Das Team von Bo Henriksen ist damit wieder im Spiel und gleicht nach einer Stunde aus. Ein Powerplay der Weiß-Roten muss her, um das schon gewonnen geglaubte Spiel wieder auf ihre Seite zu ziehen. Der mit etwas Glück verwandelte Rieder-Freistoß belohnt schließlich die Schlussoffensive der Schwaben. Knapp 60.000 feiern sich und den vermeintlichen Sieg. Der erneute Mainzer Ausgleich in der Nachspielzeit stellt die Stimmung dann in Sekundenschnelle auf null. Jeder im Stadion weiß, dass man diese Partie nach 2:0 und 3:2-Führung nicht mehr aus der Hand geben darf.

Wieder drei Gegentore

Dass Hoeneß in der 74. Minute Demirovic und Touré ins Spiel bringen kann, zeigt einerseits die neue Breite im Kader des VfB, wirft andererseits aber auch die Frage auf, warum der bosnische Nationalspieler nicht starten durfte. Wer die komplette Vorbereitung bestritten und dabei gute Leistungen gezeigt hat, wird wenig Verständnis dafür haben, wenn Kollegen bevorzugt werden, die bislang wenig mit der Mannschaft trainiert haben. Auch Silas wird damit nicht einverstanden sein. Obwohl der Transfermarkt in den meisten Ländern bereits geschlossen hat, scheint ein Wechsel des Kongolesen noch möglich.

Nach Leverkusen und Freiburg kassiert der VfB erneut drei Gegentore und steht nach zwei Spieltagen mit einem mageren Pünktchen da. Die Rheinhessen kommen ähnlich wie die Freiburger ab Mitte der ersten Hälfte immer wieder zu Torchancen. Auch wenn Chabot und Chase in der Innenverteidigung insgesamt kein schlechtes Spiel machen, haben Burkhardt und Leitsch bei ihren Toren viel zu viel Platz im Stuttgarter Strafraum. Die Diskussion um die unzureichende Kompensation der Abgänge in der Abwehr werden nicht aufhören, solange sich die Hintermannschaft so luftig präsentiert.

Sebastian Hoeneß hat in der Länderspielpause noch viel zu tun. (Foto:  Foto: IMAGO/Eibner-Pressefoto/Memmler)

Sebastian Hoeneß braucht jetzt viel Fingerspitzengefühl, um die wackelige Abwehr zu stabilisieren und gleichzeitig das offensive Überangebot zu moderieren. Auch Nationalspieler Führich wird da um seinen Platz bangen müssen, wenn er Form und Körpersprache nicht bald verbessert.

Probleme eines Topklubs

Vor der anstehenden Länderspielpause plagt sich der VfB mit Problemen herum, die sonst nur Spitzenklubs kennen. Bevor die Nationalspieler nach einem Turnier im Sommer ihren Rhythmus finden, werden sie wieder in die Auswahlmannschaft berufen. Ab Mitte September wird dann im Drei-Tage-Rhythmus gespielt. Dem Trainer bleibt wenig Zeit, mit der Mannschaft zu arbeiten. Gladbach, Real und Dortmund stehen als Nächstes auf dem Programm. Da könnte man eine Abwehr aus Granit ganz gut gebrauchen.

VfB Stuttgart – FSV Mainz 05 3:3

Zum Weiterlesen:

Kann man von einem Fehlstart’le sprechen? – Vertikalpass

Als wir Mainz den kleinen Finger reichten und dabei fast den Kopf verloren – Rund um den Brustring

Wildes 3:3 in der Bundesliga: Stuttgart zürnt über den Referee – Sport – SZ.de (sueddeutsche.de)

Mein erstes Spiel im Stadion: 1980 VfB – HSV 3:2 (Tore: Müller, Kelsch, Allgöwer) Mein schönstes Stadionerlebnis: 1991 VfB – BVB 7:0 (Allgöwer 2, Sverrisson 3, Walter 2) Meine erste Auswärtsfahrt: 1991 BVB – VfB 0:0 Emotionalster Erfolg: 1992 Deutscher Meister, letzter Spieltag B04 – VfB 1:2 (Tore: Walter, Buchwald) Lieblingsspieler: Helmut Roleder, Asgeir Sigurvinsson

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