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Fünf Ohrfeigen für die Bullen

 Der dreifache Torschütze lässt sich feiern. (Foto: Pressefoto Baumann/Volker Müller)

Pünktlich zu Spielbeginn geht die Januarsonne hinter der Haupttribüne unter. Gut 50 000 Zuschauer haben trotz des Lokführerstreiks den Weg ins Neckarstadion gefunden, darunter auch ein Bus aus Leipzig, der in den ersten zwölf Spielminuten auf sich aufmerksam macht. Da schweigt die Cannstatter Kurve nämlich aus Protest gegen die Investorenpläne der DFL.

Zu diesem Zeitpunkt ahnt noch niemand, dass dem VfB im zwölften Duell mit dem Red-Bull-Marketingkonstrukt der erste Sieg gelingen würde. Und was für einer!  Ein beherzter Auftritt, der all jene verstummen lässt, die nach zwei Niederlagen schon wieder den Blues anstimmen. Auch in der Höhe ist der Triumph des Dritten gegen den Vierten völlig verdient. Mehr noch: Die Brausetruppe von Marco Rose schrammt nur mit Glück an der höchsten Niederlage ihrer kurzen Bundesligageschichte vorbei.

Mit Herz und Seele

Aus Respekt vor der großen Qualität im Kader der Gäste und wegen Karazors Gelb-Sperre lässt Sebastian Hoeneß ein 3-4-2-1 auflaufen, in dem Jamie Leweling in vorderster Linie agiert. Dahinter sorgen Undav als hängende Spitze und Führich auf dem linken Flügel für Wirbel. Auf der rechten Seite schiebt Vagnoman im Ballbesitz so hoch, dass er die Angriffe als verkappter Rechtsaußen unterstützen kann.

Das zunächst ausgeglichene Spiel kippt dank der Bereitschaft der Weiß-Roten, unermüdlich ins Gegenpressing zu gehen und mutig nach vorne zu verteidigen. Über gewonnene Zweikämofe und Ballgewinne im Mittelfeld dominiert der VfB die Partie am Ende, profitiert aber auch von einer sehr sorglosen Gästeabwehr.

Enzo Millot verlädt Blaswich: 1:0. (Foto: sportschau.de)

Immer wieder blitzt auf, dass RB-Trainer Marco Rose außergewöhnlich gute Fußballer in seinen Reihen hat, als Mannschaft ist der VfB an diesem Tag jedoch klar besser. Die Entscheidung, Enzo Millot auf die Sechs zurückzuziehen, erweist sich als goldrichtig. Gemeinsam mit Angelo Stiller gibt der junge Franzose aus dem Zentrum heraus den Takt vor. Auch die Einwechslungen der Nationalspieler Kampl, Henrichs und Poulsen können dem Spiel keine Wende mehr geben. Nach Dortmund, Freiburg und Wolfsburg lassen die heimstarken Schwaben einem weiteren Gegner mit hohen Ambitionen keine Chance.

Der dreifache Undav

Mit rechts, mit dem Kopf und mit links: Deniz Undav trifft, wie er will. Nach inzwischen 12 Toren und 3 Vorlagen stellt sich immer drängender die Frage nach der sportlichen Zukunft des Leihspielers. Die Entscheidung, den umtriebigen und abschlussstarken Angreifer nach Stuttgart zu lotsen, stellt sich als goldrichtig heraus. Mit seiner Trefferquote steht er schon jetzt in einer Reihe mit Legenden wie Ibisevic (15 Tore, Saison 12/13), Harnik (17, 11/12) und Cacau (13, 9/10).

Als Torschütze hat sich Jamie Leveling bisher nicht hervorgetan. Als er kurz vor der Pause freistehend aus wenigen Metern vergibt, haben ihn manche Fans bereits abgeschrieben. Bei aller Liebe, was sollen wir denn mit einem Stürmer, der keine Tore schießt? Doch drei Minuten nach Wiederanpfiff ist der Bann gebrochen: Der gebürtige Nürnberger spitzelt Vagnomans Kopfballablage zum 3:1 über die Linie. Insgesamt wieder eine sehr engagierte Vorstellung der Union-Leihe.

Nachdem zuletzt Formschwankungen bei einigen Leistungsträgern zu beobachten waren, fällt am Samstag keiner ab. Zum Glück, muss man sagen, denn die Bank bietet dieser Tage nicht gerade viele Optionen. In der 84. Minute gibt sich Sebastian Hoeneß schließlich einen Ruck und beschert Samuele di Benedetto sein Bundesligadebüt.

Benvenuto, Bundesliga!

Der 18-jährige deutsche Junioren-Nationalspieler gibt dann auch gleich einen Vorgeschmack, was das Publikum in Stuttgart in den nächsten Jahren erwarten kann. Unerschrocken und giftig geht das Eigengewächs gegen gestandene Profis wie Kampl oder Poulsen zu Werke und scheut sich auch nicht vor ein bisschen Trash-Talk. Nachdem die Leipziger den jungen Mittelfeldspieler ein paar Mal hart attackiert haben, gehen Kapitän Anton und Daxo Zagadou hin und sprechen ihm Mut zu. Di Benedetto beweist jedenfalls, dass er jederzeit für weitere Einsätze bereit ist.

Zum Einstand den ersten Sieg der Vereinsgeschichte gegen Leipzig zu feiern, kann sich wirklich sehen lassen. Einen Tag nach der endgültigen Bekanntgabe des Einstiegs von Porsche als Investor ist der „Turbo für Talente“ also schon auf dem Rasen zu sehen. Gegen diese Art von Investorendeal hat wohl auch in der Kurve kaum einer etwas einzuwenden. Nachhaltiges und seriöses Wirtschaften hat sich der VfB gemeinsam mit seinen starken Partnern auf die Fahne geschrieben. Dabei soll das Produkt im Vordergrund stehen und nicht das glitzernde Marketing. Das kleine Häufchen im Auswärtsblock ist inzwischen still geworden. Immerhin haben sie als Kontrast zur Wucht der Cannstatter Kurve ihren kurzen Auftritt gehabt. Arrividerci, Red Bull.

VfB Stuttgart – RB Leipzig 5:2

Mein erstes Spiel im Stadion: 1980 VfB – HSV 3:2 (Tore: Müller, Kelsch, Allgöwer) Mein schönstes Stadionerlebnis: 1991 VfB – BVB 7:0 (Allgöwer 2, Sverrisson 3, Walter 2) Meine erste Auswärtsfahrt: 1991 BVB – VfB 0:0 Emotionalster Erfolg: 1992 Deutscher Meister, letzter Spieltag B04 – VfB 1:2 (Tore: Walter, Buchwald) Lieblingsspieler: Helmut Roleder, Asgeir Sigurvinsson

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