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Der sterbende Schwan

Dass der VfB in zwei aufeinander folgenden Auswärtsspielen bei den Bayern punkten konnte, ist sage und schreibe 28 Jahre her. Nun ist es wieder so weit – und der Serienmeister aus München muss am Ende sogar froh sein, die Partie nicht verloren zu haben.

War da was? Dingert studiert den sterbenden Schwan. (Foto: sky.de)

Nichts ist unmöglich

Kann ein Fast-Absteiger, der sich vor Wochenfrist noch mit einem glücklichen Punkt gegen einen Aufsteiger begnügen musste, bei einer der besten Mannschaften Europas etwas holen? Die Antwort kommt für die leidgeprüften VfB-Fans überraschend, aber ja, er kann. Natürlich nur, wenn er daran glaubt, einen guten Matchplan hat und der Gegner nicht seinen besten Tag erwischt.  

Einer der Schlüssel für den verdienten Punktgewinn ist die gute Defensivleistung, bei der nicht nur die solide Abwehrkette, sondern auch der starke Atakan Karazor im Mittelfeldzentrum und der sichere Rückhalt im Tor hervorzuheben sind. Florian Müller zeigt nach seiner Klasseleistung am vorletzten Spieltag der vergangenen Saison auch am Samstag, dass ihm die Allianz-Arena liegt. Eine Rolle spielen auch die Einwechslungen von Chris Führich und Li Egloff sowie der erste Startelfeinsatz des Neuzugangs Guirassy, der Manuel Neuer in der 92. Minute eiskalt vom Elfmeterpunkt düpiert.

Die Mannschaft kann aus diesem erneuten Überraschungscoup lernen, dass alles möglich ist, wenn man um jeden Punkt kämpft. Diese Gewissheit nehmen wir in die kommenden Spiele gegen Frankfurt, Wolfsburg und Union mit und hoffen auf den ersten Sieg.

Halb zog er ihn, halb sank er hin

Kritik am Schiedsrichter führt in der Regel nur zu nutzlosen Diskussionen und heftet einem den Makel des schlechten Verlierers an. Was in der Allianz Arena allerdings in der 50. Minute geschieht, hätte das Zeug fürs Komödiantenstadl. Nationalspieler Kimmich, der mit einem Veilchen unter dem Auge ziemlich verwegen aussieht, vertändelt den Ball im eigenen Strafraum, Führich schnappt sich die Kugel und legt zum Ausgleich auf.

Statt seinen Fehler auszubügeln, sinkt der Bayern-Star wie ein Laienschauspieler zu Boden. Sein Torwart unterstützt ihn mit dem unvermeidlichen Reklamierarm und erklärt Schiedsrichter Dingert den Regelverstoß. Ein Zupferchen am Ärmel habe seinen Mannschaftskollegen aus dem Gleichgewicht gebracht.

Doch es wird noch wilder. Christian Dingert hat die Situation auf dem Platz in Realgeschwindigkeit gesehen, bewertet und auf Tor entschieden. Plötzlich meldet sich aber der Video-Assistent. Klare Fehlentscheidung? Sicher nicht.

Die Fernsehzuschauer können sich währenddessen Führichs Griff an Kimmichs Schulter in Superzeitlupe anschauen. Nicht einmal ein Kleinkind wäre durch diese Berührung zu Fall gekommen. Doch Dingert entscheidet nach Field-Review: kein Tor. Erinnerungen an das Duell Coulibaly gegen Neuer vor zwei Jahren kommen hoch.

Merke: Wenn ein Bayern-Spieler meint, gefoult worden zu sein, hat der Referee auf Freistoß zu entscheiden. Sollen wir den Kindern jetzt ab der F-Jugend beibringen, bei leichtesten Berührungen den sterbenden Schwan zu mimen? Oder wie Manuel Neuer mit den Armen in der Luft herumzufuchteln und den Schiedsrichter zu bedrängen?

Punkte hamstern

Schauen wir auf die Lage der Liga nach sechs Spieltagen. Tabellenführer Union Berlin (!) und den BVB auf Platz 5 trennen nur zwei Punke. Leverkusen hat auf Platz 17 auch nur zwei Punkte weniger als Schalke auf Platz 12. Berücksichtigt man, dass die Fußballwelt in zwei Monaten eine Kunstpause für die Winter-WM einlegt und viele Klubs bis dahin eine englische Woche nach der anderen auf dem Programm haben, dürfen wir sicher noch weitere Überraschungen erwarten.

In Bad Cannstatt sollte man sich indessen auf sein Punktekonto konzentrieren – oder wie Union-Trainer Fischer anmerkt: „Tatsache ist, (…) dass uns keiner diese Punkte (…) mehr wegnehmen kann.“ Für einen Sieg gibt es übrigens gleich derer drei, weswegen der FC Augsburg trotz gerade einmal vier erzielten Toren und schon vier Niederlagen vor dem VfB auf Platz 13 steht.

FC Bayern München – VfB Stuttgart 2:2

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Ein gefühlter Sieg – Vertikalpass

VertikalGIF #FCBVfB: Vom Feeling her ein gutes Gefühl – Vertikalpass

Mein erstes Spiel im Stadion: 1980 VfB – HSV 3:2 (Tore: Müller, Kelsch, Allgöwer) Mein schönstes Stadionerlebnis: 1991 VfB – BVB 7:0 (Allgöwer 2, Sverrisson 3, Walter 2) Meine erste Auswärtsfahrt: 1991 BVB – VfB 0:0 Emotionalster Erfolg: 1992 Deutscher Meister, letzter Spieltag B04 – VfB 1:2 (Tore: Walter, Buchwald) Lieblingsspieler: Helmut Roleder, Asgeir Sigurvinsson

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