Ohne Punch im Joggeli

Nur drei Minuten nach Tiagos Großchance geht es bei den „Bebbi“ auf einmal schnell: Routinier Shaquiri schließt den Konter aus spitzem Winkel mit einem sehenswerten Heber in die lange Ecke ab (84.). So gewitzt zeigt sich der VfB im Basler Strafraum nicht und verliert unglücklich, aber nicht unverdient.
Auf fünf Positionen verändert Sebastian Hoeneß die siegreiche Köln-Elf und setzt damit die schwäbischen Rotationswochen fort. Überraschenderweise nehmen der erfahrene Chabot und der kreative El Khannouss zunächst auf der Bank Platz. Entscheidend für die Niederlage sind allerdings zwei Schwächen, die man schon seit Längerem beobachten kann: Die Abwehr produziert zu viele leichte Fehler und in der Offensive fehlt die Durchschlagskraft.
Heavy Rotation
Vor Saisonbeginn waren viele Beobachter sicher, dass der hochtalentierte Finn Jeltsch gemeinsam mit dem robusten Jeff Chabot das Stammduo in der Innenverteidigung bilden würden. Im zweiten Spiel der Europa-League kommt es zum wiederholten Mal anders: Ramon Hendriks läuft nach starker Leistung gegen Vigo neben Luca Jaquez auf, der seinerseits den verletzten Jeltsch vertritt. Auf der rechten Seite ist statt Siegtorschütze Vagnoman wieder Assignon dran, links Mittelstädt. Wie schon am Sonntag in Köln also drei Wechsel in der Viererkette.
Und genauso wie in Müngersdorf wackelt die VfB-Abwehr in der Anfangsphase bedenklich: Stiller vertändelt den Ball am Mittelkreis, Assignon bekommt ihn ungewollt vor die Füße und spielt einen Rückpass der Kategorie streng verboten. Sollte der Gast aus Schwaben je so etwas wie die Favoritenrolle innegehabt haben, spätestens nach dem geschenkten 1:0 (3.) wird die Aufgabe im St.-Jakob-Park zu einer äußerst diffizilen.
Tausend Mal berührt
529 gespielte Pässe, 29 Flanken, 29 Torschüsse – die Spieldaten des VfB im „Joggeli“ lesen sich wie ein Feuerwerk des Offensivfußballs. Was dort nicht steht: Vielen Pässen fehlt die Schärfe, es gibt kaum Raumgewinn, Flanken fliegen oft ins Leere. Laut der Wertung XGoals – also zu erwartende Tore – hätten die Schwaben 2,54 Mal treffen müssen. Wenn man den Elfmeter und das Fehlpass-Geschenk vor der Tomás-Chance herausrechnet, bleibt noch ein Wert von knapp über eins. Die Anzeigetafel zeigt aber bis zum Schluss die Null und das hat Gründe.
In der Liga hat die Hoeneß-Elf in fünf Spielen magere sieben Tore erzielt – nur vier Mannschaften sind schlechter. In punkto Torgefährlichkeit unterbieten sich die Weiß-Roten auch in Basel gegenseitig. Demirovic trifft den Ball freistehend am Fünfmeterraum nicht richtig (27.) und scheitert kurz danach per Elfmeter, Assignon knallt die Kugel ans Außennetz, statt in die Mitte zu passen (50.), Chema köpft aus kurzer Distanz den Torwart an (58.) und Hendriks bringt den Kopf nicht hinter den Ball (70.), bevor Tomás frei vor Hitz vergibt (81.).
Gefährliche Mischung
Man muss kein Fußball-Intellektueller sein, um zu erkennen, dass Fehleranfälligkeit in der Abwehr und mangelhafte Chancenverwertung im Angriff eine gefährliche Mischung darstellen. Beim Sieg in Köln ging die Sache dank eines gelungenen Angriffs in der Schlussphase noch einmal gut, in Basel war den Schwaben das Glück nicht hold. Am Sonntag sollte die Mannschaft von Sebastian Hoeneß auftreten wie gegen St. Pauli und Vigo. Dominanz muss man sich durch kollektive Entschlossenheit erarbeiten. Dann klappt es auch vor dem Tor wieder besser.
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reybucanero74
Mein erstes Spiel im Stadion: 1980 VfB – HSV 3:2 (Tore: Müller, Kelsch, Allgöwer) Mein schönstes Stadionerlebnis: 1991 VfB – BVB 7:0 (Allgöwer 2, Sverrisson 3, Walter 2) Meine erste Auswärtsfahrt: 1991 BVB – VfB 0:0 Emotionalster Erfolg: 1992 Deutscher Meister, letzter Spieltag B04 – VfB 1:2 (Tore: Walter, Buchwald) Lieblingsspieler: Helmut Roleder, Asgeir Sigurvinsson