Wollt ihr mich vermarkten?

Der Konflikt um die Vermarktungspläne der Deutschen Fußball Liga (DFL) geht in eine neue Phase. Die Proteste der aktiven Fanszenen beeinträchtigen zunehmend den Ablauf der Spiele und damit das Kundenerlebnis. Die Anhänger in der Kurve bekommen also genau die Aufmerksamkeit, die sie sich von ihren Aktionen erhoffen. Den 36 Klubs, die sich bei der Abstimmung im Dezember mit Zweidrittelmehrheit für die Vermarktungspläne ausgesprochen haben, führen die Proteste vor Augen, wie ungeschickt ihr Vorgehen ist.

Die DFL versucht am Donnerstag mit einer Stellungnahme ihre Position zu erläutern, überzeugen kann sie aber kaum jemanden.

Das Wort Investoren meidet sie dabei wie der Teufel das Weihwasser. Der neue Sprech: „strategische Vermarktungspartnerschaft“. Die Partner, mit denen intensivere Vertragsgespräche angestrebt werden, sind allerdings globale Private-Equity-Gesellschaften, die durch ihre Beteiligungen möglichst hohe Renditen erzielen wollen. Unter anderem der saudi-arabische Staatsfond gehört bei den momentan präferierten Unternehmen CVC und Blackstone zu den Geldquellen.

Und was sagt der Klub aus Cannstatt dazu? Der kritisiert die Debatte in den Medien, Vereinen und Kurven, Lob gibt es für die DFL – und vor allem für sich selbst: „Als VfB Stuttgart haben wir von Beginn an auf Transparenz und konstruktiven Dialog mit unseren Mitgliedern und Fans gesetzt“. Wirklich? Über 80 000 Mitglieder zählt der stolze Verein inzwischen, über die „DFL-Thematik“ wurde mit ihnen nie gesprochen. Womöglich würden sie auch nicht verstehen, welch goldene Zukunft ihrem geliebten Fußball mit den Private-Equity-Monstern blüht.

Sind die eigenen Möglichkeiten der DFL bei der Vermarktung eigentlich schon ausgeschöpft?

Bevor eine kluge Unternehmerin ihre künftigen Einnahmen verpfändet, würde sie doch ausloten, ob die Attraktivität ihrer Produkte aus eigener Kraft gesteigert werden kann. Wie steht es zum Beispiel um fairen Wettbewerb in der Bundesliga? Oder um die Attraktivität der TV-Übertragungen? Sind die Möglichkeiten der Digitalisierung schon ausgeschöpft und die Produkte an internationale Märkte angepasst? Aus der Ferne könnte man meinen, da schlummerten noch erhebliche Potenziale.

Der Ablauf der entscheidenden Abstimmung bei der DFL ist ein zusätzlicher Stein des Anstoßes.

Nicht nur, dass die Mitglieder bei vielen Klubs trotz des geltenden Prinzips 50-plus-1 keinerlei Einfluss auf das Stimmverhalten hatten, teilweise widersetzten sich die Vertreter absichtlich der Weisung ihrer Muttervereine. Eine solche Abstimmung sorgt berechtigterweise für böses Blut.

Den Klubs – und damit ihrer Dachorganisation – fällt nun auf die Füße, dass sie mit den stimmungsvollen Kurven zwar gerne Werbung machen, den einzelnen Fan aber als einen Kunden wie jeden anderen betrachten. Einen Kunden, der dann eben zufälligerweise eine Tüte mit Schokotalern dabeihat.

Insofern dürfte es für manch selbstgefälligen Fußball-Funktionär eine heilsame Kur sein, wenn er während der Spielpausen daran erinnert wird, dass die deutsche Fankultur mehr ist als nur ein Pluspunkt bei der Vermarktung. Außerdem passt deutsche Qualitätsschokolade doch eigentlich ganz gut ins Produktprofil.