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Tapfere B-Elf

Seit das Geschäft mit Fußballdaten blüht und auch im Fernsehen oft über Packing-Rate und XG-Werte gefachsimpelt wird, versuchen die Sportdirektoren, Spielstatistiken als PR-Mittel einzusetzen. Sven Mislintat war beispielsweise ein Meister darin, Niederlagen als Siege zu verpacken. Labbadia und Wohlgemuth gehen da weniger raffiniert vor: „Das ist Shit, aber wir müssen es akzeptieren“, kommentiert der Cheftrainer die falsche Freistoßentscheidung vor Szoboszlais Freistoßtreffer. Wohlgemuth sekundiert: „Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der Ball nicht unhaltbar war.“ Wenn die Murmel im eigenen Netz zappelt, kannst du dir eben für die schönsten Matchstats nichts mehr kaufen.

Labbadias Tannenbaum

In der Anfangsphase verläuft das Freitagsspiel der Bundesliga überraschend ausgeglichen. Die ganz in schwarz gekleideten Gäste formieren sich in einem engmaschigen 4-3-2-1 Tannenbaumsystem und schließen im Zentrum geschickt die Räume. Immer wieder gelingt es dem VfB, die Partie über sicheres Passspiel in der eigenen Hälfte zu beruhigen. Der hoch favorisierte Tabellenzweite aus Leipzig verzeichnet erst in der 23. Minute nach einer Hereingabe von David Raum die erste nennenswerte Torchance.

Fast wäre Thomas Kastanaras sein erstes Bundesligator geglückt. (Foto: Pressefoto Baumann/Julia Rahn via stuttgarter-zeitung.de)

In der dritten Partie unter dem neuen Trainer wird klarer erkennbar, wie sich Labbadia das Spiel seiner Mannschaft vorstellt. Der taktisch disziplinierte Auftritt ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil gleich fünf Stammspieler ausfallen. Stenzel und Vagnoman übernehmen auf den Außenpositionen der Viererkette, Nartey ergänzt das Dreiermittelfeld, während Pfeiffer, Führich und Startelfdebütant Kastanaras die neue Offensivreihe bilden. Letzterer scheitert nach einer Balleroberung von Kapitän Endo in der 9. Minute nur knapp am nicht immer sicheren Blaswich im RB-Tor. Ich sah die Schlagzeile schon vor Augen: „Cannstatter Junioren-Pistolero schießt rote Bullen ab.“   

Kurz vor Transferschluss

Beim VfB muss man mit dem Auftritt in Leipzig zufrieden sein. Das ersatzgeschwächte Team wehrt sich gegen den Champions-League-Achtelfinalisten tapfer. Gleichzeitig wird zum wiederholten Mal deutlich, dass der Kader den hohen Anforderungen der Liga auf einigen Positionen nicht genügt. Dementsprechend intensiv dürften die letzten Tage der Transferperiode für Sportdirektor Wohlgemuth und Sportvorstand Wehrle verlaufen. Gesucht wird dem Vernehmen nach ein erfahrener Mittelfeldspieler mit strategischen Qualitäten. Gleichzeitg mangelt es an kreativen Momenten hinter den Spitzen.

Wir freuen uns, dass mit Laurin Ulrich, Thomas Kastanaras und Alou Kuol in dieser Saison bereits der dritte Nachwuchsspieler zu seinem Bundesligadebüt kommt. Allerdings darf niemand erwarten, dass sie bereits jetzt in der Lage sind, der Mannschaft im Kampf um den Klassenerhalt entscheidend zu helfen. Diese Aufgabe müssen andere übernehmen – und sich dabei im Vergleich zu ihren bisherigen Leistungen deutlich steigern. Das betrifft sowohl Torhüter Müller, dessen Schwächen in der Strafraumbeherrschung, der Spieleröffnung und bei Distanzschüssen besorgniserregend sind, als auch den momentan verletzten Zagadou, für den der VfB mehr Geld in die Hand genommen hat, als gemeinhin bekannt ist. Und im Angriff sollten wir uns nicht nur auf Guirassy verlassen. Von den anderen nominellen Offensivspielern geht noch viel zu wenig Torgefahr aus.   

Was wirklich zählt

Mit zwei Punkten aus drei Spielen ist der Neustart unter Bruno Labbadia missglückt. Wohlgemuth hat nicht Unrecht, wenn er feststellt, dass die Niederlage von Freitagabend „für das mannschaftliche Zusammenwachsen (…) dienlich“ war, doch am 18. Spieltag sollte man sich so langsam mit dem defizitären Punktekonto beschäftigen. Im Klartext: Am kommenden Sonntag muss gegen die formschwachen Bremer ein Dreier her. Ich würde mich nicht wundern, wenn dann bereits der 31-jährige Japaner Genki Haraguchi neben Wataru Endo aufläuft. Mit der Kommunikation sollten die beiden ja keine Probleme haben.

RB Leipzig – VfB Stuttgart 2:1

Mein erstes Spiel im Stadion: 1980 VfB – HSV 3:2 (Tore: Müller, Kelsch, Allgöwer) Mein schönstes Stadionerlebnis: 1991 VfB – BVB 7:0 (Allgöwer 2, Sverrisson 3, Walter 2) Meine erste Auswärtsfahrt: 1991 BVB – VfB 0:0 Emotionalster Erfolg: 1992 Deutscher Meister, letzter Spieltag B04 – VfB 1:2 (Tore: Walter, Buchwald) Lieblingsspieler: Helmut Roleder, Asgeir Sigurvinsson

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