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Schusters erster Streich

Doan drückt den Ball irgendwie zum 2:1 über die Linie. (Foto: IMAGO/Steinsiek.ch)

Aus Freiburger Sicht hätte das Trainerdebüt von Julian Schuster nicht besser laufen können. Seine Mannschaft besiegt den Vizemeister verdient mit 3:1 und hätte sogar noch höher gewinnen können. Der VfB dagegen präsentiert sich nach dem guten Auftritt im Supercup und der Aufregung auf dem Transfermarkt beim Bundesligastart kraftlos und bieder.

Trotz der frühen Führung verlieren die Gäste schnell den Faden und finden nicht mehr in die Partie zurück. Die Behäbigkeit und Einfallslosigkeit der Hoeneß-Elf könnte man auf die Hitze und die ungewohnte Aufstellung schieben, aber auch der Matchplan des Trainers geht dieses Mal nicht auf.

Nur ein Strohfeuer

Nach der vielversprechenden Anfangsphase mit dem artistischen Führungstreffer durch den Ex-Freiburger Demirovic kippt das Spiel schnell. Freiburg wirkt spritziger und entschlossener. Die zahlreichen Stuttgarter Ballverluste nutzen die Hausherren immer wieder zu gefährlichen Gegenstößen. Zur Halbzeit muss Sebastian Hoeneß froh sein, dass es noch 1:1 steht.

Ermin Demirovic trifft akrobatisch zur frühen Führung. (Foto: keystone)

Seine Idee, Stiller in die Innenverteidigung zurückzuziehen, hat im Frühjahr in Dortmund gut funktioniert, doch am Samstag haben die Freiburger oft zu viel Platz. Warum durfte sich Anrie Chase angesichts des Mangels an gesunden Innenverteidigern nicht einmal von Anfang an beweisen? Warum stellt Hoeneß aufgrund des Rouault-Ausfalls das Grundgerüst seiner Mannschaft um? Diese Fragen werden das Trainerteam im Nachhinein sicher auch beschäftigen.

Die Entscheidung fällt schließlich zu Beginn der zweiten Hälfte als zunächst Doan eine Hereingabe von der linken Seite im Sitzen über die Linie stochert, bevor Kübler eine Grifo-Ecke aus fünf Metern unbedrängt einköpft. Auch in der Folge sind die Gastgeber dem 4:1 näher als der VfB dem Anschlusstreffer. Karazor und Millot gelingt es zu keinem Zeitpunkt, den Rhythmus im Zentrum zu bestimmen. Außer zwei Distanzschüssen der eingewechselten Rieder und Chase können die Schwaben das Tor von Florian Müller nicht mehr in Gefahr bringen. Gerade die Shootingstars der vergangenen Saison sind in Freiburg weit von ihrer Bestform entfernt.

Die Kehrseite des Erfolgs

Viele VfB-Spieler haben zuletzt ihren Durchbruch geschafft und sich zu festen Größen entwickelt. Lob, neue Verträge und Nominierungen für die Nationalmannschaft können einem aber auch schnell zu Kopf steigen. Schlampig, teilweise fast teilnahmslos spulen vermeintliche Leistungsträger im Europapark-Stadion ihr Programm ab. Die Auswahlspieler Undav, Führich und Millot sind am Samstag nur ein Schatten ihrer selbst, auch Rieder gelingt nach seiner Einwechslung kaum etwas. Wer mit nur wenigen Trainingseinheiten in den Beinen noch nicht bereit ist, sollte lieber Extraschichten einlegen.

Wie schon in Leverkusen wirkt auch Alexander Nübel phasenweise unsicher. Beim Ausgleich durch Kübler schaut er dem Ball nur hinterher, beim 2:1 fällt er ins Tor, statt den Ball am Überschreiten der Linie zu hindern. Zu überzeugen wissen eigentlich nur Abwehrkante Jeff Chabot, der im Zweikampf kaum zu bezwingen ist, und Anrie Chase, der nach seiner Einwechslung einige gute Szenen hat. Wer einen Kader mit über 30 Spielern zur Verfügung hat, sollte der zweiten Reihe eine Chance geben, wenn es die Situation erfordert.

Anrie Chase verfehlt das Tor in der 88. Minute nur knapp. (Foto: x.com/vfb)

Auch Silas wird mit dem Verlauf dieses Samstagnachmittags sehr unzufrieden sein. Trotz der schwachen Offensivleistung seiner Kollegen sitzt der Kongolese nämlich 90 Minuten auf der Bank. Nach seiner überzeugenden Saisonvorbereitung hat sich der 25-jährige Außenstürmer zurecht Hoffnungen auf mehr Einsatzzeiten gemacht. Er und sein Berater könnten in der kommenden Woche noch einmal Wechseloptionen abwägen.

Englische Woche

Sebastian Hoeneß und seiner Mannschaft bleibt einerseits wenig Zeit, sich zu ärgern, andererseits zunächst kaum Gelegenheit, die Abstimmungsprobleme zu beheben. Bereits am Dienstag geht es mit dem Pokalspiel beim Zweitligisten Preußen Münster weiter, vier Tage später kommt Mainz 05 zum Heimauftakt ins Neckarstadion. Im Anschluss folgt die erste Länderspielpause, die das Trainerteam dann zur Justierung der Mannschaft nutzen kann.

Nach dem anhaltenden Höhenflug ist der VfB wieder auf dem Boden der Tatsachen gelandet. Nach den Erfolgserlebnissen im Klub und mit ihren jeweiligen Auswahlmannschaften müssen die Spieler die neue Herausforderung annehmen und sich wieder Ziele setzen. Ein Auswärtsspiel in Freiburg ist eben kein Sommerspaziergang – und eine gute Saison macht noch keinen Spitzenspieler.  

SC Freiburg – VfB Stuttgart 3:1

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VertikalGIF #SCFVfB: Traumfehlstart – Vertikalpass

Mein VfB, 90 plus 3

Mein erstes Spiel im Stadion: 1980 VfB – HSV 3:2 (Tore: Müller, Kelsch, Allgöwer) Mein schönstes Stadionerlebnis: 1991 VfB – BVB 7:0 (Allgöwer 2, Sverrisson 3, Walter 2) Meine erste Auswärtsfahrt: 1991 BVB – VfB 0:0 Emotionalster Erfolg: 1992 Deutscher Meister, letzter Spieltag B04 – VfB 1:2 (Tore: Walter, Buchwald) Lieblingsspieler: Helmut Roleder, Asgeir Sigurvinsson

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