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Nur 2022 war schlechter

Gute Gründe nach Freiburg zu reisen, gibt es ja ohnehin. Am Samstag kommt für alle Groundhopper ein weiterer hinzu: Zum ersten Mal seit der Pandemie-Einschränkungen darf der VfB im neuen Europa-Park Stadion das Gästekontingent ausschöpfen. Der Auswärtsblock ist also prall gefüllt und wie gewohnt lautstark zu vernehmen.

Die Bilanz gegen den Sportclub gibt allerdings wenig Anlass zu Hoffnung: Die letzten fünf Bundesligapartien gingen allesamt verloren. Mayer-Vorfelder hätte dem kickenden Personal seinerzeit einen Fußmarsch nach Hause angedroht, falls sie sich wieder von den Gelbfüßlern düpieren ließen. Doch die Zeiten haben sich geändert. Heutzutage flötet Altpräsident Staudt in der Boulevardpresse ein Loblied auf seinen damaligen Adlatus, der in seiner Amtszeit weniger Siege vorweisen kann, als MV Zigaretten in der Halbzeitpause rauchte.

Viel Erfahrung – keine Ergebnisse

Das Auswärtsspiel in Freiburg gehört sicher zu den besseren seit jenem denkwürdigen 11. Dezember 2021, als die Weiß-Roten durch Tore von Mavropanos und Förster mit 2:0 in Wolfsburg siegten. 20 Partien in der Fremde konnte der VfB seither saisonübergreifend nicht gewinnen – die Bilanz eines Absteigers.

Erinnert ihr euch beispielsweise an das blutleere 0:0 im Januar 2022 in Fürth? Oder das chancenlose 0:2 beim ersten Spiel im neuen Europa-Park Stadion zwei Wochen später? Trainer war da noch Pellegrino Matarazzo, Sportdirektor Sven Mislintat und im 3-4-3 besetzten Tibidi und Coulibaly die offensiven Außenpositionen. War die Mannschaft damals wettbewerbsfähiger? War das letzte Auswärtsspiel vor der WM-Pause, das der VfB mit Michi Wimmer an der Seitenlinie sang- und klanglos in Leverkusen verlor, besser als der Auftritt am Samstag? Sicher nicht. Die Probleme beim Verein für Bewegungsspiele sitzen also wieder einmal so tief, dass man sich ernsthaft Sorgen machen muss.

Auf den Pressekonferenzen redet Labbadia viel. Er holt immer wieder aus, um der Öffentlichkeit einen Blick in seinen Erfahrungsschatz zu gewähren. Leider geht es aber nicht um die Vorstellung seiner Autobiografie, sondern um den Traditionsklub aus Cannstatt im tiefsten Abstiegskampf. Angeblich weiß der Trainer, wie man die Spieler anpacken müsse, wie man die Mannschaft wieder auf den richtigen Weg bringe. Das Problem: In den sechs Pflichtspielen seit seiner Amtsübernahme ist davon sehr wenig zu sehen. Zwei Pünktchen aus fünf Spielen, Platz 17, Tendenz sinkend. Genug geredet, Bruno.

Daxos Comeback

Nach der Wintervorbereitung hat sich Labbadia in der Innenverteidigung auf das Pärchen Mavropanos – Ito festgelegt. Der Grieche scheint alleine durch seinen unbändigen Willen unersetzlich, der junge Japaner war der einzige gesunde Linksfuß auf dieser Position. Am Samstag reiben wir uns die Augen, als plötzlich Ito auf der rechten Innenverteidigerposition aufläuft. An seiner Seite: Mislintats Last-Minute-Einkauf Dan Axel Zagadou. Der erste Einsatz für den ehemaligen Dortmunder nach seiner Bänderverletzung.

Zagadou verursacht zwei Elfmeter und entscheidet damit unfreiwillig das Spiel. (Foto: Pressefoto Baumann)

Man möchte dem erfahrenen Strategen auf der Trainerbank ja ungern reinreden, aber stehen mit Mavropanos, Anton, Vagnoman und Stenzel nicht gleich vier gesunde Rechtsfüßer im Aufgebot? Und woher kommt eigentlich der Glaube, dass ein vereinsloser Spieler, dessen beste Zeiten schon etwas zurückliegen, im Abstiegskampf sofort den Laden zusammenhalten kann? Naja, hinterher ist man immer klüger. Die beiden ungeschickten Zweikämpfe des Comebackers gegen Gregoritsch und Doan kosten den VfB jedenfalls drei wichtige Punkte im Abstiegskampf.

Schönfärberei 2.0

Gehen wir noch einmal zurück in die Saison 21/22, als der VfB nach dem Wintertrainingslager in Marbella ebenfalls auf den Umschwung hoffte. Trainer Matarazzo beschloss damals, bei der Aufstellung weniger das Entwicklungspotenzial, sondern stärker das aktuelle Leistungsvermögen zu berücksichtigen. Außerdem begann er vorsichtig, sich von den beschönigenden Statements seines Sportdirektors zu distanzieren. Weder die Verletztenliste noch die unglücklichen Begleitumstände sollten mehr als Ausreden für die unzureichenden Leistungen herhalten. Trotzdem verlor man das Heimspiel gegen die Eintracht auf enttäuschende Art und Weise mit 1:3 und verschenkte zwei Wochen später in letzter Minute den Heimsieg gegen Bochum.

Heute sind die Rollen neu besetzt. Labbadia und Wohlgemuth reden Woche für Woche Misserfolge schön, indem sie positive Spieldaten präsentieren oder mit den Begleitumständen hadern. Die harten Fakten ähneln sich dagegen frappierend: Vor Jahresfrist stand der VfB mit 18 Punkten auf Platz 17, jetzt belegt man mit 16 Punkten den gleichen Rang. Das Jahr 2022 begann mit einem Unentschieden und vier Niederlagen, diesmal ist die Bilanz kaum besser.

Eines sollte man an der Mercedesstraße nicht vergessen: Die wundersame Rettung am letzten Spieltag verdankte man nicht zuletzt dem glücklichen Umstand, dass Hertha seine Matchbälle nicht verwandelte. Es wäre fahrlässig, darauf zu hoffen, dass Wataru Endo den Ball noch einmal in letzter Minute über die Linie wuchtet und damit den Traditionsverein aus Cannstatt rettet. In neun von zehn Fällen steigst du nach einer so schwachen Saison ab. Und zwar völlig zurecht.  

Über Baden lacht die Sonne

In Südbaden – das zeigt sicher auch Brunos Wetterapp – scheint öfter die Sonne als bei uns. Daher ist auch der Wein vom Kaiserstuhl einer der besten des Landes. Bewohnt wird die Region von einem Schlag Menschen, der das Gute schätzt und nicht so schnell aus der Fassung gerät. In Stuttgart geht es hektischer zu. Da muss man „ebbes rächts schaffa ond ned huadla“, wenn man das Ansehen der Leute gewinnen will. Sechs Bundesligapleiten hintereinander gegen die „Baura aus´m Südschwarzwald“ passen da gar nicht zum eigenen Selbstverständnis. Aber am Ende wird eben auch im Fußball nach Ergebnissen geurteilt.

SC Freiburg – VfB Stuttgart 2:1

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Mein erstes Spiel im Stadion: 1980 VfB – HSV 3:2 (Tore: Müller, Kelsch, Allgöwer) Mein schönstes Stadionerlebnis: 1991 VfB – BVB 7:0 (Allgöwer 2, Sverrisson 3, Walter 2) Meine erste Auswärtsfahrt: 1991 BVB – VfB 0:0 Emotionalster Erfolg: 1992 Deutscher Meister, letzter Spieltag B04 – VfB 1:2 (Tore: Walter, Buchwald) Lieblingsspieler: Helmut Roleder, Asgeir Sigurvinsson

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