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Korkut Style

Jeder erkennt den Ohrwurm nach zwei Takten, obwohl die wenigsten auch nur eine Liedzeile verstehen. Ich überlege noch, warum mich der neue Hertha-Chefcoach an den You-Tube-Hit aus Korea erinnert, während ich beginne mit den Füßen zu wippen: Oppan Korkut Style.

Flache Vier, Mittelfeldpressing, die Hände immer am Gürtel, um die feine Stoffhose hochzuziehen und das weiße Hemd hineinzustecken. Korkuts Spezialitäten sind Stabilisierung und einfacher Fußball. Der VfB tut ihm den Gefallen, seine Mannschaft für eine ungeordnete Anfangsphase nicht nachhaltig zu bestrafen. Im weiteren Verlauf verdient sich die Hertha den Auswärtspunkt redlich und der Ex-VfB-Trainer verlässt seine Heimatstadt als gefühlter Sieger.

VfB Stuttgart - Hertha BSC
Foto: Tom Weller/dpa

Flashbacks

Der Dreier gegen Mainz wurde im Nachgang von manchen Beobachtern als Befreiungsschlag interpretiert. Meine Gegenthese: Der dreckige Sieg gegen die Rheinhessen liefert die Blaupause für das wichtige Spiel gegen die alte Dame aus Charlottenburg – nur ohne glücklichen Ausgang. In gewisser Weise wiederholen sich auch Muster der desolaten 4:1-Niederlage gegen Weinzierls Augsburg. Der VfB kontrolliert zunächst das Spiel und gibt es dann völlig ohne Not aus der Hand.

Kurz vor Abschluss der Hinrunde wird deutlich, dass gerade gegen die direkten Konkurrenten im Abstiegskampf die Mittel fehlen. Matarazzo moniert unter anderem die fehlende Klarheit im Offensivspiel – eine Parallele zur Heimniederlage gegen den Tabellenvorletzten aus Bielefeld. Die VfB-Fans stellen sich immer häufiger die Frage, gegen wen man eigentlich die notwendigen Punkte gegen den Abstieg holen will.

Rinos Rüffel

Auch dem sonst so entspannten Trainer reichen die angebotenen Leistungen nicht mehr: „Einige Spieler haben die Laufwege nicht genommen, bei eigenem Ballbesitz nicht den Plan verfolgt und sind eigene Wege gegangen.“ Er kündigt an, nach dem Spiel Gespräche mit einigen Spielern führen zu wollen. „Wir können in der Bundesliga keine Spiele gewinnen, wenn wir nicht über 90 Minuten an unsere Leistungsgrenze gehen.“

Wen meint Matarazzo mit seinem Rüffel? Etwa seine Stützen Mangala und Endo, die nach 20 Minuten die Kontrolle über das Mittelfeld verlieren? Ausgerechnet das letzte Saison noch so überragende Kraftwerk im Stuttgarter Spiel schwächelt gegen die Hertha.

Oder Roberto Massimo? Der deutsche U21-Auswahlspieler wird in der ersten Halbzeit immer wieder mit langen Bällen gesucht, aus denen er insgesamt zu wenig macht. Nach der Pause muss er für Alexis Tibidi weichen. Der junge Franzose ist mit der Rolle als rechter Wingback allerdings taktisch überfordert und bleibt ohne Wirkung.

Von vorne bis hinten zu wenig

Apropos ohne Wirkung: Hamadi Al Ghaddioui darf wieder einmal von Anfang an spielen und beweist, dass er die Rolle von Sasa Kalajdzic nicht einmal ansatzweise ausfüllen kann. Während beim Gegner Jovetic doppelt trifft, Belfodil für Unruhe sorgt und Ekkelenkamp sowie der 27-Millionen-Mann Piatek von der Bank kommen, kann Matarazzo die Offensive nicht mehr beleben. Es rächt sich, dass der VfB in vorderster Front nicht bundesligatauglich aufgestellt ist.

Auch das Zweikampfverhalten vor den Gegentoren dürfte Matarazzo nicht gefallen haben. Wie schon gegen Dortmund verteidigt die VfB-Abwehr den Strafraum zwar oft erfolgreich, geht aber in den Räumen davor zu passiv in die Zweikämpfe. Beim ersten Mal steht Darida noch in der Schussbahn im Abseits, kurz danach fällt der Anschlusstreffer. Beim Ausgleich kommt die Hintermannschaft trotz Überzahl am eigenen Fünfmeterraum nicht an den Ball und gibt dem Torschützen stattdessen Geleitschutz.

Verrückte Liga

Nach dem 14. Spieltag ist die Lage der Liga konfus. Leipzig (18 Punkte) entlässt den Trainer, Gladbach (18) verliert mit Adi Hütter zu Hause in Rekordhöhe, während sich sein Ex-Klub Frankfurt (18) mit Glasner durch die Saison quält. Diese drei Mannschaften spielten letzte Saison noch um die Champions-League-Plätze.

Besser platziert sind dagegen Aufsteiger Bochum (19), Fast-Absteiger Köln (19) und die Jecken aus Mainz (21). Der VfB (14) hat zu diesen Teams schon den Anschluss verloren und tut sich auch gegen die Kellerkinder Bielefeld (10), Augsburg (13) und Hertha (15) richtig schwer. Mindestens eine Mannschaft aus diesem Quartett wird wohl neben dem abgeschlagenen Schlusslicht Fürth (1) absteigen.

Die schwäbischen Hoffnungen ruhen auf der Rückrunde. Mit voller Kapelle werde man die nötigen Punkte schon holen, heißt es. Viel darf da allerdings nicht mehr dazwischen kommen. Nur weil die Weiß-Roten in der Hinrunde derartig vom Verletzungspech verfolgt sind, heißt das noch lange nicht, dass sie in der Rückrunde davon verschont bleiben. Fußball ist manchmal ungerecht. Fragt Jude Bellingham.  

Gangnam erobern

In der Zeitschrift „Image“,  herausgegeben vom Zentrum für interdisziplinäre Bildforschung der Universität Tübingen, kann man in einem wissenschaftlichen Beitrag nachlesen, wen der koreanische K-Pop-Interpret Park Jae-sang in seinem Gassenhauer von 2012 besingt.

Es geht um einen armen koreanischen Jüngling, der davon träumt, den superreichen Seouler Stadtteil Gangnam zu erobern. Mangels eigenem Pferd erfindet er einen Reitertanz, um seine U-Bahn-Prinzessin zu beeindrucken.

Ihr ahnt, wie Korkuts Geschichte jetzt weitergehen muss: Der bereits abgeschriebene Oldschool-Trainer nimmt die Big City mit seinem biederen 4-4-2 im Sturm und reitet im Frühsommer auf Platz 7 in den Sonnenuntergang.   

VfB – Hertha BSC Berlin 2:2

Zum Weiterlesen:

Das gelungene Comeback von Captain Kork (vertikalpass.de)

Die Nikoläuse vom Neckar – Rund um den Brustring

Mein erstes Spiel im Stadion: 1980 VfB – HSV 3:2 (Tore: Müller, Kelsch, Allgöwer) Mein schönstes Stadionerlebnis: 1991 VfB – BVB 7:0 (Allgöwer 2, Sverrisson 3, Walter 2) Meine erste Auswärtsfahrt: 1991 BVB – VfB 0:0 Emotionalster Erfolg: 1992 Deutscher Meister, letzter Spieltag B04 – VfB 1:2 (Tore: Walter, Buchwald) Lieblingsspieler: Helmut Roleder, Asgeir Sigurvinsson

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