Demirovic rettet einen Punkt
Nur drei Tage nach der Klatsche von Belgrad muss der VfB am Samstagnachmittag im Weserstadion antreten – eines der unangenehmsten Auswärtsspiele der Bundesliga. Wieder wackelt die Abwehr, wieder bleibt die Hoeneß-Elf vieles schuldig, doch kurz vor Schluss setzt sich Demirovic robust gegen Lynen durch und vollendet sehenswert zum 2:2.
Noch fünf Spiele stehen für den Brustring im Dezember auf dem Programm. Obwohl die Gegner auf dem Papier nicht gerade Furcht einflößen, müssen die Weiß-Roten froh sein, wenn sie einigermaßen unbeschadet in die Weihnachtspause kommen. Die Erkenntnisse zum Spiel am Osterdeich lest ihr kompakt in sechs Punkten.
- Ein echter Stürmer: An allen Ecken und Enden des Kaders zwickt es zurzeit, vor allem im Angriff gehen dem Trainer die Optionen aus. Demirovic ist daher gesetzt und beweist in Bremen, dass er ein Vollblutstürmer ist: körperlich robust, unermüdlich rackernd, eiskalt vor dem Tor. Sein bestes Spiel seit seinem Wechsel zum VfB.
- Zu viele Gegentore: Nachdem die Mannschaft in Belgrad komplett eingebrochen ist, sollte das Augenmerk gegen Werder auf einer stabilen Defensive liegen. Doch die neu formierte Viererkette bekommt den Gegner weder über Außen (Stergiou und Mittelstädt) noch im Zentrum (Chabot und Chase) unter Kontrolle. Einmal mehr bester Mann in der Abwehr: Torhüter Nübel.
- Wer reißt mit? Über Führungsspieler haben wir beim VfB schon oft diskutiert, vor allem als der jetzige Sportdirektor noch Kapitän war. In Belgrad und Bremen wird deutlich, dass nach den Abgängen von Anton und Guirassy ein Leader fehlt. Karazor hat genug damit zu tun, das Tempo mitzugehen, Chabot wirkt überspielt und Führich gefällt sich eher als Künstler, als die Mannschaft zu pushen. Kein Zufall, dass eine Co-Produktion von Stiller und Demirovic in Bremen für den späten Ausgleich sorgt. Wenn jemand vorangeht, dass sind es zurzeit diese beiden.
- Verpasste Chance: Fabian Rieder musste beim VfB bisher oft auf dem rechten Flügel ran, obwohl er seine Stärken eher im Zentrum oder auf der Halbposition hat. Im Weserstadion stellt ihn Hoeneß zum ersten Mal auf die Zehn – und der Schweizer Nationalspieler enttäuscht mit einer unauffälligen Vorstellung. Kaum ins Spiel eingebunden, keine Torgefahr, zu viele Ballverluste: Aus dieser zentralen Rolle muss man mehr machen.
- Back home: Kaum ein anderer Spieler dürfte dem Duell an der Weser so entgegengefiebert haben wie Nick Woltemade. Der geborene Bremer ersetzt in der 67. Minute Fabian Rieder – und verdattelt zunächst jeden Ball. Klarer Fall von übermotiviert. Doch dann kommt die 97. Minute: Woltemade kann aus 18 Metern unbedrängt abschließen. Zetterer hält das Schüsschen mit der Innenseite problemlos. Ein Sieg für die Gäste wäre allerdings auch des Guten zu viel gewesen.
- Im Niemandsland: Eine langweilige Saison im Mittelfeld der Tabelle – haben wir uns danach nicht oft gesehnt? Nach dem 2:2 in Bremen steht der VfB auf Platz acht, umgeben von Teams wie Gladbach, Mainz und Union. Auch wenn es nach der Vize-Meisterschaft und funkelnden Champions-League-Nächten ein bisschen schmerzt: Der Tabellenplatz entspricht genau der aktuellen Leistungsfähigkeit der Mannschaft.
Die VfB-Verantwortlichen sprechen nach der Partie von einem Punkt der Moral, der unter dem Strich den gezeigten Leistungen entspreche. Die Spieldaten bilden diese Version nicht ab: 20:10 Torschüsse, 11:2 Ecken und 59 % Zweikampfquote zugunsten der Grün-Weißen stehen da auf dem Papier. Normalerweise verlierst du ein solches Spiel. Da sollte man sich in Cannstatt nicht in die eigene Tasche lügen.
reybucanero74
Mein erstes Spiel im Stadion: 1980 VfB – HSV 3:2 (Tore: Müller, Kelsch, Allgöwer) Mein schönstes Stadionerlebnis: 1991 VfB – BVB 7:0 (Allgöwer 2, Sverrisson 3, Walter 2) Meine erste Auswärtsfahrt: 1991 BVB – VfB 0:0 Emotionalster Erfolg: 1992 Deutscher Meister, letzter Spieltag B04 – VfB 1:2 (Tore: Walter, Buchwald) Lieblingsspieler: Helmut Roleder, Asgeir Sigurvinsson