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Die Arbeitsgruppe Zukunftsfragen

Schwarzer Rauch: Die Cannstatter Kurve fordert einen Neuanfang im Präsidium und Aufsichtsrat. (Foto: Tom Weller/dpa)

Am 12. März eskaliert der Konflikt im Aufsichtsrat der VfB Stuttgart AG. Claus Vogt wird in einer kurzfristig einberufenen Sitzung als Vorsitzender abgewählt. Es folgen wilde Stellungnahmen verschiedener Akteure, unter denen die Ankündigung des Vorstands noch zu den konstruktivsten gehört. Wehrle und Co. regen an, eine „gremienübergreifende Arbeitsgruppe zum Thema strukturelle Zukunftsfragen“ einzurichten.

Offene Fragen gibt es in der Tat genug. Kann der Vorstand der AG als Vermittler zwischen Verein und Investoren fungieren? Warum kümmert man sich erst jetzt um diese Themen, wo das Kind schon in den Brunnen gefallen ist? Und welche Legitimation besitzt die Arbeitsgruppe überhaupt?

Das Porsche-Versprechen

Ausgangspunkt der Streitigkeiten ist der Juni 2023. Über den Verlauf der Gespräche zum Einstieg der Porsche AG gibt es wenige gesicherte Informationen, aber viele Gerüchte. Welche Forderungen stellte der neue Anteilseigner im Vorfeld seines Einstiegs? Wer sollte den Aufsichtsratsvorsitz übernehmen?

Vieles spricht dafür, dass Porsche-Finanzvorstand Meschke ursprünglich selbst dieses Amt anstrebte. Die Verhandlungsführer auf VfB-Seite müssen schon frühzeitig davon gewusst haben, die Mitglieder des Aufsichtsrats, darunter auch das Vereinspräsidium, erfuhren dagegen erst kurz vor der Pressekonferenz am 27. Juni von der Forderung. Innerhalb weniger Stunden sollten sie schriftlich ihr Einverständnis geben.

„Mittlerweile ist es klar, dass alle Akteure davon ausgehen, dass zukünftig wieder der eV den AR-Vorsitzenden stellt – aber dann auch wieder einer, der direkt von den Mitgliedern gewählt wurde“, verkündet Alexander Wehrle beim Podcast VfB x STR. Offenbar hat auch er das Konfliktpotenzial unterschätzt, das eine solche Machtverschiebung mit sich bringt. Wehrle trägt daher als Vorstandsvorsitzender, der gemeinsam mit Marketingvorstand Kasper den Porsche-Deal federführend vorbereitet hat, zumindest eine Mitschuld an der entstandenen Unruhe.

Schlichtungsversuch oder Feigenblatt?

Die Arbeitsgruppe „strukturelle Zukunftsfragen“ soll jetzt also die Wogen glätten. Ein erstes Fragezeichen wirft die Zusammensetzung auf. Neben dem Präsidium, dem AG-Vorstand, der neuen Aufsichtsratsvorsitzenden Tanja Gönner und dem Vereinsbeirat ist jeweils ein Vertreter der neu formierten Satzungskommission und des VfB-Freundeskreis dabei.

Die organisierte Fanszene hat sich gegen eine Beteiligung entschieden, wie sie in einem Update zum Statement vom 21. März bekannt gibt: „Weite Teile der teilnehmenden Personen sind für uns kein Teil der Lösung, sondern das Problem! Es grenzt in der aktuellen Zusammensetzung an Etikettenschwindel, wie sich die Gremien hier unter einem neuen Label zusammenfinden, um hektisch genau die Arbeit zu machen, welche sie seit Jahren vernachlässigt haben.“

Drei Mal habe die Arbeitsgruppe inzwischen getagt, erläutert Wehrle, und stellt zeitnah Ergebnisse in Aussicht. Was er nicht sagt: Die Beschlüsse haben aufgrund der Zusammensetzung der Gruppe und der Eile, in der sie gefasst wurden, einen überschaubaren Wert. Allein dem höchsten Vereinsorgan, der Mitgliederversammlung, steht es zu, über Fragen der Satzung und des Verhältnisses zwischen Verein und ausgegliederter Kapitalgesellschaft zu entscheiden.

Vermittler mit Erinnerungslücken

Das Präsidiumsmitglied Rainer Adrion sieht sich ähnlich wie Wehrle in der Rolle des Vermittlers. Er möchte laut einem Interview mit StN/StZ für Aufklärung sorgen, kann oder will jedoch die wichtigen Entscheidungen im Aufsichtsrat und Präsidium nicht kommentieren. Seine Haltung zu den Porsche-Forderungen im Frühsommer 2023 bleibt genauso unklar wie sein Handeln in den folgenden neun Monaten bis zu Vogts Abwahl als Aufsichtsratsvorsitzender.

Adrion klingt wie ein Unbeteiligter, wenn er über die Verschiebung der Machtverhältnisse im Aufsichtsrat spricht. Ist so jemand als Vermittler in der Übergangsphase zur Mitgliederversammlung 2025 geeignet? Die Mitglieder werden im Juli entscheiden, ob sie sein Angebot annehmen wollen.

Nachwahl im Präsidium

Bei eben jener Versammlung wird auch ein Nachfolger für den vakanten Posten im Präsidium gewählt. Falls die Mitglieder Vogt und Adrion das Misstrauen aussprechen, würde diese Person den Verein gemeinsam mit einem vom Vereinsbeirat zu bestimmenden Präsidiumskollegen bis zu den turnusgemäßen Neuwahlen im kommenden Jahr führen.

Ziemlich viel Verantwortung, wenn man bedenkt, dass die Verfahren zur Wahl der Vereinsämter – im besten Fall auch die zur Berufung der Aufsichtsräte – reformiert werden sollen. Gleichzeitig ergibt sich daraus die Chance, dem aufgewühlten Verein eine neue Ausrichtung zu geben. Unter den Bewerbern sind alte Bekannte, die im Groll aus ihren Ämtern geschieden sind und jetzt Morgenluft wittern.

Cannstatter Transparenz

Wer wäre also die oder der Richtige, um die unterschiedlichen Interessen zusammenzuführen? Wie soll das Verhältnis zwischen Mitgliedern, Vereinsführung, der ausgegliederten Kapitalgesellschaft und den Investoren künftig aussehen?

Bisher haben wir nur Ankündigungen gehört. Claus Vogt ließ unlängst über die Presse wissen: „Mein Ziel ist es, dass unsere Mitglieder transparent alles erfahren.“ Alexander Wehrle will die Ergebnisse der AG Zukunftsfragen transparent veröffentlichen und dann an die zuständigen Gremien übergeben. Vor lauter Transparenz kann einem richtig schwindelig werden. Die Erfahrung der letzten Jahre lehrt allerdings, dass Transparenz oft angekündigt, aber selten gelebt wurde. Die Arbeitsgruppe Zukunftsfragen scheint nahtlos an diese Tradition anzuknüpfen.

Mein erstes Spiel im Stadion: 1980 VfB – HSV 3:2 (Tore: Müller, Kelsch, Allgöwer) Mein schönstes Stadionerlebnis: 1991 VfB – BVB 7:0 (Allgöwer 2, Sverrisson 3, Walter 2) Meine erste Auswärtsfahrt: 1991 BVB – VfB 0:0 Emotionalster Erfolg: 1992 Deutscher Meister, letzter Spieltag B04 – VfB 1:2 (Tore: Walter, Buchwald) Lieblingsspieler: Helmut Roleder, Asgeir Sigurvinsson

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