An Tagen wie diesen

Noch drei Tage bis zum großen Finale. Die VfB-Familie packt die Reisetaschen oder organisiert die Fußball-Party vor dem Bildschirm. Ein Hauch von 2007 weht durch die Stadt. Wenn man auf der Straße ein Trikot mit dem Brustring trägt, nicken einem die Passanten ermutigend zu.
Für den Klub, die Stadt, ja die ganze Region steht am Samstag ein großer Feiertag an. Es riecht nach Frühling – und mit ein bisschen Fantasie erahnt man den Konfettiregen, die Silhouette des traditionsreichen Pokals mit den grünen Edelsteinen und den Rhythmus des Humba-humba-tätärä.
„An Tagen wie diesen wünscht man sich Unendlichkeit
An Tagen wie diesen haben wir noch ewig Zeit“
So singen Die Toten Hosen in ihrem Hit aus dem Jahr 2012. Der 24. Mai 2025 könnte für den VfB und seine Fans einer dieser Tage werden.
Vom Abgrund auf die große Bühne
Eine Einordnung der Bedeutung des DFB-Pokalendspiels für den Verein für Bewegungsspiele muss zunächst auf den 14. Mai 2022 zurückblicken. Genau eine Woche ist es her, dass wir zum dritten Mal „Happy-Endo-Tag“ gefeiert haben. Der Japaner mit dem 360-Grad-Radar, der unermüdliche Kämpfer und VfB-Kapitän rettete damals sein Team in der 92. Minute vor der Relegation. Ein Jahr später hieß der Held Enzo Millot, der mit zwei Toren den Klassenverbleib im Relegationsrückspiel beim HSV sicherte.
Dass der VfB nur ein Jahr später Vizemeister wurde und in der abgelaufenen Saison an der Champions-League teilnehmen durfte, ist eine sensationelle Entwicklung. Vor der Saison war die einhellige Meinung, dass diese Leistung nicht mehr zu toppen sein würde. Denkste!
„In dieser Nacht der Nächte, die uns so viel verspricht,
Erleben wir das Beste, kein Ende ist in Sicht“
Trotz der holprigen Rückrunde kann Sebastian Hoeneß mit seiner Mannschaft am Samstag den ersten Titel seit 18 Jahren gewinnen.
Zurück in die Heimat
Für die Spieler Mittelstädt und Bredlow, Sportvorstand Wohlgemuth sowie die Co-Trainer Krecidlo und Fathi bedeutet die Reise nach Berlin eine Rückkehr in die Heimat. Auch den Cheftrainer verbinden viele Erinnerungen mit der Hauptstadt. Bei der U19 von Hertha 03 Zehlendorf startete er vor 14 Jahren seine Trainerkarriere.
Doch nicht nur den genannten Protagonisten des Klubs sondern auch vielen Fans steht am Samstag ein Heimspiel bevor. Der Stadtteil Prenzlauer Berg gilt seit vielen Jahren als Schwabenhochburg. Rund um den Kollwitzplatz und die Kastanienallee hört man an jeder Ecke den vertrauten Dialekt.
„Das hier ist ewig, ewig für heute
Wir stehen nicht still für eine ganze Nacht.“
Die Berliner Schwaben werden alle VfB-Anhänger willkommen heißen und gemeinsam eine unvergessliche weiß-rote Nacht feiern.
Bielefelder Rausch
Vor lauter Vorfreude kann man leicht vergessen, dass am Samstagabend auch noch ein Gegner auf dem Platz stehen wird. Die Arminia aus Bielefeld war vor fünf Jahren der größte Rivale um den direkten Wiederaufstieg in die Bundesliga. Die Ostwestfalen beendeten die Zweitligasaison 2019/20 mit satten 10 Punkten Vorsprung vor den Schwaben. Seither ging es allerdings rapide bergab.
2022 stiegen die Bielefelder wieder in die 2. Liga ab – ein Jahr später sogar in Liga 3. In der abgelaufenen Saison sah es lange nicht nach Aufstieg aus. Die Zweite des VfB fertigte die Arminia im September mit 3:0 ab. Anfang Februar dümpelte die Mannschaft von Trainer Mitch Kniat nach bereits sieben Ligapleiten im Mittelfeld herum.
Doch was seither geschah, gleicht einem ostwestfälischen Rausch: 38 von 45 möglichen Punkten in der Liga sowie die Pokal-Triumphe gegen Bremen und Leverkusen katapultierten die Arminen zur Drittligameisterschaft und ins Endspiel nach Berlin. Die Mannschaft hat bewiesen, dass sie auch gegen höherklassige Gegner extrem unangenehm auftreten kann.
Höhepunkte
Bei allen Unterschieden eint die Spieler aus Bielefeld und Stuttgart eines: Keiner hat jemals einen Titel im Profifußball gewonnen. Zusätzliche Motivation werden die 22 Akteure also nicht brauchen, eher die notwendige Ruhe, um im vollbesetzten Olympiastadion das Beste aus sich herauszuholen.
„Wir lassen uns treiben, tauchen unter, schwimmen mit dem Strom
Drehen unsere Kreise, kommen nicht mehr runter, sind schwerelos“
Auch viele Fans werden am Samstag das erste große Finale ihres Herzensklubs sehen. So macht Fußball Spaß, so lebt er und macht Menschen glücklich. Mehr kann man von einem Sportereignis nicht erwarten.
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reybucanero74
Mein erstes Spiel im Stadion: 1980 VfB – HSV 3:2 (Tore: Müller, Kelsch, Allgöwer) Mein schönstes Stadionerlebnis: 1991 VfB – BVB 7:0 (Allgöwer 2, Sverrisson 3, Walter 2) Meine erste Auswärtsfahrt: 1991 BVB – VfB 0:0 Emotionalster Erfolg: 1992 Deutscher Meister, letzter Spieltag B04 – VfB 1:2 (Tore: Walter, Buchwald) Lieblingsspieler: Helmut Roleder, Asgeir Sigurvinsson